Schriftliche Anfrage: Militärische Ausbildungshilfe für Militärregierung in Guinea
12.03.2010: Die Bundeswehr gewährt Staaten eine Militärische Ausbildungshilfe (MAH), um die Entwicklung demokratisch orientierter Streitkräfte zu befördern. Doch es besteht die Gefahr, dass von der Bundeswehr beschulte Soldaten ihr in der MAH erworbenes Wissen missbräuchlich zur politischen Repression einsetzen. Der Chef der Guinesischen Militärjunta Moussa Dadis Camara, der ebenso wie zwei weitere Minister der Junta von der Bundeswehr ausgebildet worden ist, wird von den Vereinten Nationen als Hauptverantwortlicher für ein Massaker an 156 Menschen im September 2009 verantwortlich gemacht. Es stellt sich nun die Frage, wie die Bundesregierung die MAH rückblickend rechtfertigt.
Frage:
Wie rechtfertigt die Bundesregierung die - derzeit laut Bundesministerium der Verteidigung befristet ausgesetzte - Militärkooperation durch die Bundeswehr mit der Militärregierung in Guinea auch noch, nachdem diese im Jahr 2008 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen war (Bericht des Magazins FAKT ARD am 22. Februar 2010), sowie die Fortsetzung der Schulung von mindestens acht Soldaten Guineas in Deutschland bis mindestens Ende 2011 angesichts dessen, dass der Chef der Militärjunta Moussa Dadis Camara, der ebenso wie zwei weitere Minister der Junta von der Bundeswehr ausgebildet worden ist, von den Vereinten Nationen als Hauptverantwortlicher für ein Massaker an 156 Menschen im September 2009 verantwortlich gemacht wird, und wie ist die Bundesregierung ihrer Forderung nach Aufklärung des Massakers bisher nachgekommen?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Schmidt vom 3. März 2010:
Militärische Ausbildungshilfe (MAH) unterstützt die Entwicklung demokratisch orientierter Streitkräfte in Staaten und Regionen, deren Stabilität im deutschen Interesse liegt. Durch MAH können mittel- bis langfristig positive Multiplikatoren in den unterstützten Staaten gewonnen werden, über die demokratische Wertvorstellungen Eingang in die Kultur der jeweiligen Streitkräfte finden können. Darüber hinaus leistet MAH einen Beitrag zur Förderung von "Regional Ownership", also der Befähigung zur Übernahme von Eigenverantwortung in den jeweiligen Regionen. Guinea erhielt bis einschließlich 2009 ein jährliches Ausbildungsplatzangebot von bis zu sechs Ausbildungsplätzen. Zurzeit befinden sich noch sieben guineische Soldaten im Rahmen der MAH in Deutschland. Aufgrund einer von guineischen Sicherheitskräften am 28. September 2009 blutig niedergeschlagenen Großdemonstration und vor dem Hintergrund, dass das Militärregime unter Moussa Dadis Camara vom international gegebenen Versprechen Abstand genommen hatte, demokratische Wahlen durchführen zu lassen, und Moussa Dadis Camara sich selbst nicht zur Wahl stellen wollte, haben das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Verteidigung im Herbst 2009 zeitgleich mit Einführung von Sanktionen im Rahmen der EU entschieden, die MAH für Guinea bis auf Weiteres auszusetzen, laufende Maßnahmen sowie in Guinea stattfindende Sprachausbildung Deutsch jedoch zu Ende zu führen. Moussa Dadis Camara hat Guinea im Dezember 2009 infolge eines auf ihn verübten Anschlages zur medizinischen Behandlung verlassen. Der seit 26. Januar 2010 fungierende Interimspräsident Sékouba Konaté hat als Ergebnis eines Vermittlungsprozesses im Januar 2010 den Oppositionspolitiker Jean-Marie Doré als Premierminister eingesetzt und am 15. Februar 2010 eine neue Übergangsregierung ernannt. Zudem hat er für 2010 die Durchführung von demokratischen Wahlen angekündigt. Die unabhängige Wahlkommission hat als Wahltermin für die Präsidentschaftswahlen den 27. Juni 2010 vorgeschlagen. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Verteidigung beabsichtigen, zu gegebener Zeit zu prüfen, ob und in welcher Form MAH nach Durchführung demokratischer Wahlen wieder aufgenommen werden kann. Die Bundesregierung hat alle internationalen Bemühungen zur Aufklärung der bilateralen Niederschlagung der Großdemonstration am 28. September 2009 im Rahmen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union sowie der Afrikanischen Union, der Economic Community of West African States und der Internationalen Kontaktgruppe Guinea unterstützt.