Wahlkampf 2013

Mündliche Frage: Ist die HRE langfristig überlebensfähig?

06.10.2010: Angaben des SoFFin zu Kapitalhilfen des Bundes bei der Hypo Real Estate; Zweifel an der langfristigen Überlebensfähigkeit der HRE als Risiko für den Bundeshaushalt

Frage:

Inwieweit bestätigt die Bundesregierung die Angaben des Vorsitzenden des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, Florian Toncar, wonach der Bund von den allein 2009 in die Hypo Real Estate Holding, HRE, investierten 6 Milliarden Euro nun 4,75 Millionen Euro bzw. 80 Prozent abgeschrieben habe und von den gesamten Kapitalhilfen des Bundes für die HRE 8 Milliarden Euro verloren seien (Die Welt vom 27. September 2010), und wie bewertet die Bundesregierung angesichts der von der EU-Kommission geäußerten Zweifel an der längerfristigen Überlebensfähigkeit der HRE das Risiko für die Staatsfinanzen und den Steuerzahler, dass zusätzlich Kapitalhilfen aus Steuermitteln verloren sind und die Garantiezahlungen an die HRE von inzwischen 142 Milliarden Euro zulasten des Bundeshaushalts fällig werden?

Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen:

Herr Kollege Ströbele, vorab möchte ich darauf hinweisen - das soll jetzt nicht belehrend sein, sondern nur informativ -, dass der Kollege Toncar nicht SoFFin- Vorsitzender ist; Herr Kollege Toncar ist vielmehr der Vorsitzende des auf Grundlage von § 10 a des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes eingerichteten parlamentarischen Gremiums, das vom Bundesministerium der Finanzen stets über sämtliche den SoFFin betreffenden Fragen unterrichtet wird. Die Verwaltung des SoFFin obliegt der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, die wiederum von einem dreiköpfigen Leitungsausschuss geführt wird. Dessen Sprecher ist Herr Professor Dr. Hannes Rehm.

Es ist zunächst nicht Aufgabe der Bundesregierung, Aussagen des Vorsitzenden eines parlamentarischen Gremiums zu kommentieren. Zutreffend ist jedoch, dass die Beteiligung des SoFFin an der HRE und deren Tochter Deutsche Pfandbriefbank AG von rund 6,3 Milliarden Euro im Jahr 2009 insgesamt um 4,75 Milliarden Euro gemindert wurde. Dies entspricht einer Abschreibung von rund 75 Prozent. Diese Wertberichtigung wurde bereits am 21. Mai 2010 in einer Pressemitteilung des SoFFin öffentlich mitgeteilt.

Zu Ihrer zweiten Teilfrage. Das Gesamtergebnis des Engagements des Bundes bei der HRE kann erst nach der vollständigen Verwertung der im Rahmen der Übertragung in die Abwicklungsanstalt übernommenen Vermögenswerte sowie nach der Reprivatisierung der Deutschen Pfandbriefbank beziffert werden. Zum heutigen Zeitpunkt ist hierzu keine seriöse Aussage möglich. Die Bundesregierung wird jedoch einen möglichen Verlust des Bundes im Interesse des Steuerzahlers so gering wie möglich halten. Die durch den SoFFin garantierten, von der HRE zur Liquiditätsbeschaffung emittierten Wertpapiere haben aktuell ein Volumen von rund 124 Milliarden Euro und wurden vollständig auf die Abwicklungsanstalt der HRE übertragen. Der HRE stehen keine SoFFin-Garantien mehr zur Verfügung. Damit entstehen aus der weiteren Entwicklung der HRE insoweit keine Risiken für den SoFFin.

Ströbele: Erst einmal danke für die Korrektur; ich übernehme sie gerne. Mir kam es darauf an, die Sachkunde des Kollegen zu betonen, der Aussagen zu dieser HRE-Übertragung gemacht hat. Er hat Zweifel an der längerfristigen Überlebensfähigkeit der HRE geäußert. Es ist doch eine ziemlich bedrohliche Aussage, wenn jemand sagt, dass es möglicherweise nicht mehr um Garantieerklärungen im Zusammenhang mit dem SoFFin geht, sondern um Garantien, die der Bund als Eigentümer zu tragen hat. Das heißt, der Bund ist damit nicht aus dem Schneider, sondern eher noch stärker verpflichtet. Wenn sich diese Aussage also bewahrheiten sollte, dann sind der Bund und damit der Steuerzahler finanziell noch unmittelbarer als nur durch die Garantieerklärung betroffen.

Koschyk: Ich darf vielleicht nochmal darauf hinweisen: Am letzten Wochenende fand eine der größten Finanztransaktionen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland statt, nämlich die Auslagerung der schlechten Assets, der sogenannten toxischen Produkte, von der HRE auf eine sogenannte Bad Bank. Diese Transaktion ist erfolgreich abgeschlossen. Es verbleibt jetzt die "Rest- HRE", die Deutsche Pfandbriefbank. Wir gehen davon aus, dass es hier eine entsprechende Begleitung durch den SoFFin, aber auch den Bundestag geben wird. Auch als Bundesregierung werden wir unseren Beitrag dazu leisten, dass diese "gesunde Restbank" Deutsche Pfandbriefbank eine gute Zukunftsperspektive hat. Es ist dann ja auch deren Privatisierung vorgesehen. Im Übrigen, Herr Kollege Ströbele, darf ich auch darauf hinweisen, dass die Maßnahmen, die Voraussetzung für diese Auslagerung der schlechten Assets aus der HRE auf diese sogenannte Bad Bank gewesen sind, von der Europäischen Kommission genehmigt worden sind. Natürlich steht jetzt noch eine Entscheidung der Kommission im Hinblick auf die weitere Begleitung dieser Restbank aus. Aber auch hier sind wir zuversichtlich, Kommission herstellen werden.

Ströbele: Geben Sie mir recht, dass die Europäische Kommission im Hinblick auf die Frage, ob sie das richtig oder falsch findet, genehmigt oder nicht genehmigt, weniger als die Bundesregierung die Interessen der Bundesrepublik Deutschland und der Steuerzahler in Deutschland im Auge hat?

Koschyk: Herr Ströbele, aus allen vergleichbaren Vorgängen- auch den Vorgängen um die HRE - kann ich Ihnen nur die Erfahrung vermitteln, dass die Europäische Kommission all diese Verfahren sehr, sehr kritisch begleitet. Es geht auch um eine Beihilfeproblematik. Insofern gehen wir mal nicht davon aus, dass der Eindruck, den Sie durch Ihre Frage vermitteln, dass die Europäische Kommission hier im Hinblick auf das Interesse des deutschen Steuerzahlers vielleicht weniger kritisch als die Bundesregierung und das Parlament ist, zutreffend ist. Die Europäische Kommission geht sehr kritisch, sehr sensibel und sehr penibel mit all diesen Vorgängen um.