Wahlkampf 2013

Dringliche Frage: Wann wusste das Verteidigungsministerium von zivilen Opfern beim Kunduz-Angriff?

16.12.2009: Zeitpunkt der Information von Bundesministerium der Verteidigung und Bundeskanzleramt über das Ziel des Luftschlags nahe Kunduz

Frage:

Seit wann hat das Bundesministerium der Verteidigung und ab wann das Bundeskanzleramt gewusst, dass es bei dem Luftschlag um das "Vernichten" von Taliban ging (Süddeutsche Zeitung und LEIPZIGER VOLKSZEITUNG vom 12. Dezember 2009 sowie DER SPIEGEL vom 14. Dezember 2009), wie es Oberst Georg Klein an den Generalinspekteur bereits am 5. September 2009 berichtete, und warum hat dieses nicht Eingang in die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin am 8. September 2009 gefunden?

Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung:

Herr Kollege Ströbele, ich verlasse mich und vertraue auf Ihre unvergleichliche Expertise als Angehöriger von Gremien dieses Hauses, die sich mit der Vertraulichkeit oder der Geheimhaltung unterliegenden Strukturen befassen, und gehe deswegen von Ihrem Verständnis dafür aus, dass nachrichtendienstliche Dinge in den entsprechenden Gremien berichtet und behandelt werden.

Ströbele:

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage anderer Auffassung ist als Sie und im Jahr 2009 in einer Entscheidung festgestellt hat, dass die Existenz des Parlamentarischen Kontrollgremiums oder eines Untersuchungssausschusses die Bundesregierung nicht von der Verpflichtung befreit, Abgeordneten des Deutschen Bundestages öffentlich- auch in einer Fragestunde - Auskunft zu erteilen, es sei denn, dass zwingende Gründe für eine Geheimhaltung vorliegen? Sie haben aber solche Gründe nicht einmal andeutungsweise geltend gemacht.

Schmidt:

Herr Präsident, der Kollege Ströbele hat auch eine dringliche Frage gestellt. Wenn es mir gestattet ist, möchte ich fragen, da nun die eine Frage mit der anderen Es ist mir nicht gestattet, zu fragen? Entschuldigung, Frau Enkelmann, aber dieses Verständnis von Parlamentarismus muss ich erst noch erlernen - Das mache ich alles. - Wenn wir aber über den Umgang miteinander reden - das Wort "Kabarett" ist gefallen; der Kollege Beck wird das sicherlich in einem persönlichen Gespräch mit mir zurücknehmen -, dann bestehe ich darauf, dass ich, der sich nach bestem Wissen und Gewissen gegenüber diesem Parlament äußert, auch so wahrgenommen werde. Herr Ströbele, das gilt auch für Sie Ich verstehe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht allgemein als Freifahrtschein für die Nichtbeantwortung bestimmter Fragen. Hier nehme ich aber tatsächlich Bezug auf bestehende Geheimhaltungspflichten. Wie Sie wissen - darauf hatte ich eingangs hingewiesen -, beantworte ich Fragen, die mit nachrichtendienstlichen Dingen zu tun haben, nicht, nicht deswegen, weil ich gegenüber dem Parlament nichts sagen will, sondern, weil ich aus zwingenden Gründen nichts sagen kann.

Zum Beispiel liegt zu der Operation, nach der Sie gefragt haben, ein nach wie vor NATO-klassifizierter Bericht vor, der die Grundlage unserer Beratungen ist und am 3. November allen Fraktionen auf entsprechende Art und Weise über die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Kenntnis gegeben worden ist. Auf der Basis dieser Informationen muss dann in entsprechendem Rahmen darüber gesprochen werden. Selbstverständlich ist die Bundesregierung dann zu allen sachdienlichen und notwendigen Äußerungen und Informationen bereit.