Wahlkampf 2013

Funkzellen-Überwachung in eigenen Wahlkreis: Ströbele verlangt Auskunft von Justizsenator und Staatsanwaltschaft

20.01.2012: Gestern wurde inoffiziell bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Berlin in Berlin-Friedrichshain 13 Mobilfunkzellen überwachen ließ. Hans-Christian Ströbele verlangt hierzu Auskunft von der Staatsanwaltschaft Berlin und dem Senator für Justiz und Verbraucherschutz.

In einer Internet-Veröffentlichung der Seite netzpolitik.org wurde inoffiziell bekannt:

Die Staatsanwaltschaft ließ auf Beschluss des AG Tiergarten vom 23.11.2009 hin 13 Mobilfunkzellen Berlin in meinem Wahlkreis in Berlin -Friedrichshain überprüfen bezüglich eines Tatzeitraums am 24.10.2009, doch evtl. verlängert bis 8.3.2010. Erfasst wurde ein Bereich weit um die Rigaer Str. 101 (Tatort) herum, also auch das (aus Behördensicht interessante) Umfeld des später geräumten Hauses Liebigstr. 14. Laut veröffentlichtem Aktenauszug ließ die Staatsanwaltschaft die - u.U. verlängerte - Überprüfung nur und erst stoppen, als /weil ihr die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2.3.2010 gegen solche Vorratsdatenspeicherung bekannt wurde.

Ich halte die dafür offenbar bemühte Eingriffsbefugnis der Strafprozessordnung für rechtlich sehr problematisch und sehe i.ü. hier auch deren Voraussetzungen als wohl nicht erfüllt an, als wohl nicht erfüllt an, zumindest bei u.U. längerer Dauer der Maßnahme mangels Verhältnismäßigkeit.

Ich habe mit heutigem Schreiben an die Staatsanwaltschaft Berlin sowie vom neuen Senator für Justiz und Verbraucherschutz unverzüglich Auskunft verlangt :

1) Wurde die Maßnahme verlängert? Ggf. je wann und wie lange? 2) Wie viele Verkehrs- und Verbindungsdaten (§ 96 TKG) wurden dabei erfasst /erhoben ? a) wie viele Fest- und Mobilfunk-Rufnummer sowie Geräte-Kennungen je ? b) wie viele Telefonate, SMS und Internet-Verbindungen je ? 3) Bezüglich wie vieler betroffener Mobilfunkanschlüsse /Rufnummer wurden Namen und Adressen der zugehörigen Inhaber erhoben? 4) In welchen Strafermittlungsverfahren wurden diese Daten genutzt? 5) Welchen Stellen wurden diese Daten ggf. übermittelt? 6) Warum hat die Staatsanwaltschaft den Betroffenen bisher nicht pflichtgemäß Auskunft erteilt (§§ 101 Abs. 4 Nr. 6 StPO)? 7) Wann hat das AG Tiergarten wie erforderlich (§ 101 Abs. 6 StPO) ein Jahr nach Maßnahme-Ende mit welcher Begründung die Benachrichtigungspflicht wie lange weiter ausgesetzt ? 8) Anlässlich welcher weiteren Fälle Berliner Autobrände seit Anfang 2009 wurden Funkzellen-Abfragen wie lange angeordnet? Wie lauten in diesen Fällen die weiteren Ergebnisse entsprechend o.g. Fragen 1.-7.?

Auf Grund der o.g. Medienberichterstattung und weil ich in jener Gegend meines Wahlkreises zwischen 24.10.2009 - 8.3.2010 vielfach mein Mobilfunkgerät nutzte (ein- und ausgehend), halte ich für möglich, dass entsprechende Daten u.U. auch über mich erfasst wurden.

Da ich mir vorbehalte, die Maßnahme hinsichtlich der Rechtmäßigkeit sowie der Art und Weise ihres Vollzugs gerichtlich überprüfen zu lassen, beantragte ich bei der Staatsanwaltschaft, die über mich erfassten Daten ungeachtet des jeweiligen Speichermediums einstweilen nicht zu löschen, sondern zu sperren (§ 101 Abs. 7 StPO).

Ich halte die der Maßnahme offenbar zugrunde gelegte Eingriffsbefugnis gemäß § 100g Abs. 2 der Strafprozessordnung für rechtlich sehr problematisch und sehe i.ü. hier auch deren Voraussetzungen als wohl nicht erfüllt an, zumindest bei u.U. längerer Dauer mangels Verhältnismäßigkeit des Eingriffs .

Da ich natürlich auch in dieser Gegend meines Wahlkreises viel unterwegs bin und damals war, habe ich bei der Staatsanwaltschaft Berlin außerdem Auskunft beantragt, ob auch meine eigenen entsprechenden Daten während dieser Aktion erfasst, gespeichert sowie ggf. ausgewertet und an Dritte übermittelt wurden.

Einen entsprechenden Antrag hatte ich im letzten Jahr bezüglich der Funkzellenüberwachung in Dresden im Februar 2011 gestellt, von der auch ich betroffen war, als ich damals gegen den dortigen Nazi-Aufmarsch protestierte. Eine Entscheidung über diesen Antrag steht noch aus.

Für Berlin entsteht durch die aktuelle Veröffentlichung zu einem Einzelfall der Verdacht, dass Berliner Ermittler angesichts des öffentlichen Drucks seinerzeit um Autobrände noch in weiteren Fällen ebenfalls die Funkzellen um die Tatorte auswerten ließen, auch um Vergleichsdaten zu kriegen. Auch danach fragte Herr Ströbele nun den Justizsenator.

Die Internet-Veröffentlichung zur massenhaften Funkzellenabfrage in Berlin: netzpolitik.org/2012/massenhafte-funkzellenabfrage-jetzt-auch-in-berlin-was-vorratsdatenspeicherung-wirklich-bedeutet/