Nachfrage zum Themenbereich Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung
18.01.2012: Hans-Christian Ströbele stellt in der Fragestunde im Bundestag eine Nachfrage zum Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung.
Auszug aus dem Plenarprotokoll:
Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Hans-Christian Ströbele hat eine Nachfrage.
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Staatssekretär, Sie vergleichen immer wieder den Einsatz von Antibiotika bei Tieren und bei Menschen und sagen, bei beiden sollte man dies weniger tun. Nun gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen Tieren und Menschen in diesem Zusammenhang: dass Menschen in der Regel nicht gegessen werden (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: So ist das! Hoffentlich! - Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: "In der Regel", sagt er!) und deshalb Resistenzen auf diese Art und Weise nicht auf viele andere Menschen übertragen werden können. Deshalb hinkt dieser Vergleich etwas. Das ist doch die Hauptgefahr. Ich frage Sie im Zusammenhang damit sowie in Verbindung mit der Frage, die Kollegin Keul gerade gestellt hat: Ist es nicht so: Erst macht man die Tiere krank - man kann zum Beispiel in Fernsehaufnahmen von der Hühnerhaltung sehen, dass sich diese gegenseitig wundpicken, sich die Federn herausreißen und Ähnliches -, und dann hat man einen Grund, Antibiotika zu geben, und daher kommt es zu diesen sehr hohen Prozentzahlen beim Einsatz von Antibiotika? (Patrick Döring [FDP]: Ein Zerrbild!) Ist es deshalb nicht richtig, bei dieser Ursache anzusetzen und massiv gegen diese Tierhaltung anzugehen, bei der die Tiere krankgemacht werden? Man kann zusehen, wie sie krankgemacht werden. Dann bräuchte man auch keine Antibiotika zu geben, und dann würde die Gefahr, die in diesem Zusammenhang für die Bevölkerung, die danach die Tiere essen soll, besteht, vermieden.
Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Ich freue mich, Herr Kollege Ströbele, dass Sie sich sehr intensiv um dieses Thema kümmern. Ich darf Ihnen noch einmal sagen: Das Kernproblem in der Wissenschaft ist die Resistenz bzw. sind die Resistenzbakterien. Das ist auch in der Humanmedizin entscheidend. Auch Sie bekommen, wenn Sie eine Lungenentzündung haben, ob Sie wollen oder nicht, Antibiotika verschrieben. Natürlich wird der Mensch nicht aufgegessen; aber er scheidet aus, und die menschliche Ausscheidung kommt in den Kreislauf. Zu Ihrem voraussichtlichen Erstaunen muss ich Ihnen sagen, dass Resistenzbakterien auch bei Tieren festgestellt werden, die niemals mit Antibiotika behandelt wurden. Deshalb ist die Resistenzstrategie eine Strategie, die sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tiermedizin generell auf die Reduktion des Einsatzes von Antibiotika setzt. Im Bereich der Tiermedizin - das möchte ich noch einmal sagen - gibt es keine Belege für einen stärkeren Einsatz in großen Betrieben. Im Gegenteil, die Studie von Remmel belegt, dass größere Betriebe im Vergleich zu kleineren Betrieben eher unterdurchschnittlich Antibiotika einsetzen. Es ist allerdings festgestellt worden, dass auch in Ökobetrieben Resistenzbakterien im Fleisch nachgewiesen werden.