Wahlkampf 2013

Kleine Anfrage: Baumfällungen und Sanierung an der Bundeswasserstraße Landwehrkanal in Berlin"

17.07.2007: Kleine Anfrage der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Peter Hettlich und der Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass bereits im Sommer 1974 die damals zuständige Wasserstraßenaufsicht ca. 30 alte Bäume am Berliner Landwehrkanal - vor allem an der Corneliusbrücke - absägen lassen und eine neue Uferbefestigung erstellen wollte, mit der Begründung, das Absägen der Bäume sei zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig, dass aber nach langem Widerstand einer Bürgerinitiative von Künstlern (unter diesen insbesondere Ben Wargin), Bürgerinnen und Bürgern sowie Politikern diese Pläne nicht realisiert wurden ?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, was aus den Bäumen geworden ist, die 1974 zur angeblichen Gefahrenabwehr zum Absägen vorgesehen waren, wie viel von diesen noch heute - nach 33 Jahren - stehen und wie die angebliche Gefahr seinerzeit beseitigt wurde ?

3. Hält die Bundesregierung trotz dieser Erfahrung an der Auffassung fest, dass die Fällung der 38 Bäume am Landwehrkanal in diesem Jahr unabweisbar notwendig war?

4. Teilt die Bundesregierung die vom Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost, Herr Menzel, auf der Bürgerversammlung im Rathaus Kreuzberg-Friedrichshain am 30. Juni 2007 geäußerte Auffassung, wonach es möglich sei, die angenommene Gefahr durch Maßnahmen wie Abstützen, Abspannen der Bäume oder Absperren zu beseitigen?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten des Wasser- und Schifffahrtsamtes Berlin (WSA) und dessen Leiters, Herrn Brockelmann, am Morgen des 5. Juli 2007 mit den Vertretern der Bürgerintiative "Rettet die Bäume am Landwehrkanal" und des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg im Rathaus Kreuzberg zusammenzusitzen und über Maßnahmen zur Vermeidung des Fällens, über Erhalt und Sicherung von angeblich gefährlichen Bäume am Landwehrkanal, insbesondere am Standort südöstlich der Waterloobrücke (Gaststätte "Brachvogel"), zu beraten und zu verhandeln, während das WSA gleichzeitig unangekündigt vollendete Tatsachen schaffen ließ und durch mehrere beauftragte Firmen unterstützt von 150 Polizeibeamten begann, 22 Bäume am Landwehrkanal (auch die an der o.g. Gaststätte "Brachvogel) abzusägen?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dieses Verhalten geeignet war, die Verhandlungsatmosphäre nachhaltig zu stören und die Vertrauensbasis zu zerstören, so dass die Vertreter der Bürgerinitiative und des Bezirksamtes Grund hatten, die Verhandlung abzubrechen, als sie hiervon erfuhren ? Falls nein: warum nicht?

7. a) Teilt die Bundesregierung auch die Auffassung, dass der Erklärungsversuch, den das WSA in einer Presserklärung Tage nach dem 5. Juli 2007 verbreitet hat, das Absägen der Bäume sei erst um 10.15 Uhr am Morgen des 5. Juli 2007 angeordnet worden, nachdem um 10.00 Uhr die Verhandlungen gescheitert gewesen sein sollen, angesichts einer Mobilisierungszeit für die 150 Polizeibeamten und eines Beauftragungsvorlaufs für die Baumfäll-Unternehmen von mehreren Tagen nicht nachvollziehbar ist ?

b) Wann genau beauftragte das WSA die betreffenden Unternehmen mit dem Absägen jener Bäume?

c) Wann genau veranlasste das WSA, die eingesetzten Polizisten zum Schutz der Sägearbeiten hinzuziehen.

8. Welche organisatorischen und personellen Konsequenzen sollen nach Auffassung der Bundesregierung aus diesem Handeln des WSA und seines Leiters gezogen werden, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung in diesen Teil der Bundesverwaltung wiederherzustellen und eine Basis für die notwendige Kooperation bei der Entwicklung und Umsetzung des Sanierungskonzeptes für den Landwehrkanal zu schaffen ?

9. In welchen Jahren und Monaten hat das WSA die Uferbefestigungen des Landwehrkanals in Berlin seit Übernahme der Verantwortung durch den Bund überprüft, an welchen Abschnitten des Kanals und mit je welchem Ergebnis?

10. Wie sind die Antworten der Bundesregierung vom 10. Juli 2007 auf die Kleine Anfrage der grünen Fraktion vom 26. Juni 2007 zu Fragen 9, 10, 11 zu verstehen: Wurden die Baumbeseitigungen nur "zunächst" eingestellt und müssen weitere Bäume "zur Gefahrenabwehr oder zu dauerhaften Sanierung gefällt werden", oder sind über die bisher gefällten 38 Bäume "hinaus weitere Fällungen nicht vorgesehen"?

11. Wo sind die bisher vom WSA versprochenen je fünf Ersatzpflanzungen für jeden beseitigten Baum bereits vorgenommen worden? Oder wo genau sind diese insgesamt 190 Ersatzpflanzungen welcher Baumarten vorgesehen?

12. a) Wann wurde nach Kenntnis der Bundesregierung begonnen, wie in der Bürgerversammlung vom 30. Juni 2007 und in den folgenden Verhandlungen von den Vertretern des WSA zugesagt, die erforderlichen Stütz- und Abspannmaßnahmen an den angeblich gefährdenden Bäumen vorzunehmen?

b) An welchen Bäumen wurden inzwischen je welche Sicherungsmaßnahmen wann vorgenommen?

13. Ist die Bundesregierung bereit und gewillt, ggf. wie und ab wann a) die Öffentlichkeit über ein Sanierungskonzept für die Kanalbefestigungen, wenn dieses vorliegt, frühzeitig, umfassend und aktuell zu unterrichten?

b) eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Ausgestaltung von Sanierungsmaßnahmen zu ermöglichen, wie dies der Staatsekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Hennerkes, in Aussicht stellte ?