Wahlkampf 2013

Ströbeles persönliche Erklärung zu seinem Abstimmungsverhalten: Nein zu Finanzhilfen für Spanien

19.07.2012: Als einziger Grüner stimmt Hans-Christian Ströbele bei der Abstimmung zu Finanzhilfen für Spanien mit Nein. Im Bundestag gibt er zu diesem Abstimmungsverhalten folgende persönliche Erklärung ab.

"Vor vier Jahren ist mir gesagt worden, dass ich einem großen Finanzpaket zustimmen soll, weil die Bank zu groß ist, um pleite zu gehen, too big to fail. Heute soll ich einer Bankenrettung zustimmen, bei der es um Banken geht, die nicht zu groß sind, sondern da handelt es sich - das ist heute auch erwähnt worden - um kleinere Banken.

Vor zwei Jahren ist mir gesagt worden, dass ich einem großen Rettungspaket für Griechenland zustimmen soll, damit nicht eine Katastrophe eintritt und nicht möglicherweise auch Spanien oder Italien unter einen solchen Rettungsschirm, der sehr viel größer sein müsste, gebracht werden müssten.

Heute sagt man mir, Spanien muss geholfen werden. Das heißt, dieser schlimme Zustand, den ich damals verhindern sollte, ist eingetreten. Irgendetwas ist faul an der Argumentation, mit der man immer wieder versucht, neue Milliardenbeträge locker zu machen und die Zustimmung hier im Parlament dazu zu bekommen.

Trotzdem habe ich mir heute überlegt, ob ich mich bei diesem Paket nicht wenigstens der Stimme enthalten kann; denn auch ich will Spanien helfen. Aber der Bundesfinanzminister hat mich gemeinsam mit Herrn Fricke überzeugt, doch mit Nein zu stimmen, und zwar deshalb, weil sie hier ganz eindeutig erklärt haben, dass auch mit diesem Rettungspaket für die spanischen Banken wiederum ein Sparpaket verbunden ist, mit dem von Spanien unsoziales Sparen, wie man es schon von Griechenland verlangt hat, verlangt wird. Ohne die Durchführung solch unsozialer und gnadenloser Sparmaßnahmen soll Spanien nicht geholfen werden. Das treibt mich zu dem Nein.

Meine entscheidenden Argumente für dieses Nein sind darüber hinaus: In den vielen Papieren, die wir gestern und vorgestern noch bekommen haben, steht nichts Konkretes dazu, wie das mit der Eigentümerhaftung, mit der Eigentümerbeteiligung eigentlich sein soll, wie das mit der Bankenabwicklung funktionieren soll. Wie viele Banken sollen es denn sein? Wie soll das denn gehen?

Vor zwei Jahren ist noch gesagt worden, man will europäische Regelungen dafür entwickeln, wie man Banken pleite gehen lassen kann, in die Insolvenz gehen lassen kann. Davon ist bis heute nichts zu sehen.

Weil ich nicht will, dass Spanien auf die Art und Weise geholfen wird, dass den spanischen Banken 100 Milliarden Euro unter der Auflage zur Verfügung gestellt werden, dass die spanische Regierung gnadenlose unsoziale Sparmaßnahmen durchsetzt, stimme ich heute mit Nein.

Auch ich bin dafür, nicht nur den Banken zu helfen, sondern vor allen Dingen der Bevölkerung. Aber ich sage: So geht es nicht. Das ist der falsche Weg. Das hat sich spätestens bei Griechenland gezeigt.

Hier das Video aus der Bundestagssitzung von 19.07.2012:


Nein zu Finanzhilfen

Nachtrag Hans-Christian Ströbeles zu dieser Erklärung:

Ich habe mit NEIN gestimmt, als der Bundestag heute 100 Milliarden-Hilfe für spanische Banken beschlossen hat. Bis zur Debatte wollte ich noch mit ENTHALTUNG stimmen, um zu zeigen, daß auch ich Spanien in der Krise helfen will. Aber nicht so. Nach der Rede des Finanzministers wußte ich, daß Enthaltung nicht reicht. Er wies darauf hin, die Hilfehängt davon ab, daß Spanien seinen rigorosen Konsolidierungs- also Sparkurs fortsetzt, der schon in Griechenland gescheitert ist. Etwa die gnadenlose Senkung der Arbeitslosenhilfe oder die Erhöhung der Mehrwertsteuer sind unerträglich. So habe ich den Milliarden-Rettungsschirm abgelehnt, weil nichts Konkretes zu Gläubiger- und Eigentümerbeteiligung, zur Abwickelung maroder Banken und weil keine Auflagen gegen die Fortsetzung von Zocken und Spekulation mit Immobilien vereinbart wurden. Ein Investitionsprogamm gegen die hohe Arbeitslosigkeit fehlt. Stattdessen wird das Haushaltsdefizit enorm erhöht, denn der spanische Staat haftet mit für die Bankenhilfe. Und die Zulassung von Spitzeneinkommen für Direktoren der spanischen Banken unter dem Rettungsschirm von 300 000,- oder 600 000,-jährlich ist viel zu viel.