Ströbele bezweifelt NPD-Verbotsverfahren
05.12.2012: Zur Entscheidung der Innenminister über einen Verbotsantrag gegen die NPD erklärt Hans-Christian Ströbele: "Ein neuen Verbotsantrag gegen die NPD sehe ich sehr kritisch. Schon vor 11 Jahren stimmte ich dem damaligen Verbotsantrag des Bundestages nicht zu." Mehr:
Die Nachteile eines solchen Verfahrens sind immens. Im Wahljahr 2013 nähme die NPD ein Verbotsverfahren als willkommene Propaganda-Möglichkeit und könnte sich eigenen Wahlkampf fast sparen. Wie schon beim letzten gescheiterten Verbotsverfahren würde die zerstrittene rechte Szene sich über Gruppeninteressen hinweg mit der NPD solidarisieren. Die NPD würde gestärkt. Hingegen sitzt sie derzeit in ("nur") 2 Landtagen, ist untereinander zerstritten, hat massive Finanzprobleme und erhält in Umfragen im Bundesschnitt nur rd. 1% Zustimmung.
Auch falls das Verfassungsgericht ein Verbot ausspräche, würden Neonazi-Kader und rassistisches Denken fortbestehen. Die rechten Rassisten kommen ja nicht ins Gefängnis. Sie würden sich neu orientieren, radikalisieren, andere Gruppen und rechte Parteien unterwandern und teils in die Illegalität abtauchen wie einst der NSU.
Ein Verbot hilft nicht gegen rechte Gewalt und Mord, gegen sog. national befreite Zonen, gegen Heß-Gedenk- oder Sonnenwendfeiern und gegen rassistische Parolen auf rechten Demonstrationen. Zudem werden Demos ja schon jetzt zunehmend durch Kameradschaften und Einzelpersonen angemeldet statt durch die NPD.
Ich will endlich das von den Innenminister gesammelte Begründungs-Material sehen, um selbst prüfen und entscheiden zu können. Die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens sind noch ungewiss, gerade angesichts der Anforderung des Europäischen Menschengerichtshof, nur eine politisch tatsächlich Verfassungs-gefährdende Partei dürfe verboten werden. Dies jedoch ist bezüglich der NPD nicht belegt. Scheitert aber ein Verbotsverfahren erneut, dann würde dies die Märtyrer-Wirkung zugunsten der NPD erhöhen.
Außerdem bin ich noch längst nicht überzeugt, dass die von den Ländern nun vorbereiteten Verbotsgründe tatsächlich nicht wieder verseucht sind durch V-Leute. Dahingehende Beteuerungen einiger Länder bleiben zweifelhaft, zumal die politische Führung oft gar nicht überblickt, was die Verfassungsschützer so treiben.
Die grüne Bundestagsfraktion verlangt zu Recht, dass alle Abgeordneten das von den Innenministern gesammelte Begründungs-Material selbst sichten und prüfen können müssen."