Wahlkampf 2013

Abstimmung über Bundeswehreinsatz in Mali

28.02.2013: Erklärung von Hans-Christian Ströbele zur Abstimmung über die EU-Ausbildungsmission EUTM in Mali und der Unterstützungsmission AFISMA.

Den Antrag der Bundesregierung, Bundeswehrsoldaten zur Ausbildung und Beratung der dortigen Armee nach Mali zu entsenden, lehne ich ab und stimme mit NEIN.

Es ist nicht zu verantworten, einer Armee Ausbildungshilfe zu leisten, die gegen ihre legitime Regierung gemeutert, den Regierungschef durch einen Putsch gestürzt und verjagt hatte. Bis vor kurzer Zeit war das auch die Auffassung der Bundesregierung und ebenso der internationalen Gemeinschaft. Auch Deutschland hatte im März 2012 die langjährige Ausbildung der malischen Armee abgebrochen, weil Soldaten gegen Präsident Touré geputscht hatten. Hilfen für die Regierung Malis wurden ebenfalls eingestellt.

Jetzt, ein knappes Jahr später, soll dieselbe Armee mit den Putschisten unter Hauptmann Sanago ausgebildet werden, obwohl inzwischen noch viel mehr gegen diese Unterstützung spricht. Das malische Militär ist mehr Teil des Problems als Teil der Lösung. Noch vor wenigen Tagen haben sich Soldaten dieser malischen Armee in einem Lager in der Nähe von Bamako gegenseitig beschossen. Malische Soldaten sollen außerdem im Januar an mehreren Duzend Hinrichtungen und Racheakten an der Zivilbevölkerung im Norden beteiligt gewesen sein, wie die Internationale Vereinigung für Menschenrechte berichtete. Vorher waren Soldaten dieser Armee zu Tausenden zu den zunächst erfolgreichen Islamisten im Norden übergelaufen. Die Elitesoldaten, die letzte Woche offenbar Anhänger der gestürzten Regierung in der Armee angegriffen haben, werden den Putschisten zugerechnet. Sie haben weiterhin viel Einfluss innerhalb der Übergangsregierung und des Sicherheitsapparats. Ihr Hauptmann Sanago war angeblich Koordinator der aufzubauenden Armee und könnte es wieder werden.

Diese desolate und in sich verfeindete Armee soll nun von der Bundeswehr ausgebildet werden. Diese ist es, der beigebracht werden soll - so Minister de Maizière im Bundestag - "was rechtsstaatlich geführte Streitkräfte leisten können". Er sagt nicht, warum derselben Armee in der jahrelangen Ausbildung durch die Bundeswehr zuvor nicht das alles schon beigebracht worden ist. Es wird auch nicht gesagt, was diesmal anders und besser gemacht werden kann, ja nicht einmal welche Streitkräfte und welche Teile der Armee überhaupt ausgebildet werden sollen: Teile der "alten" Armee oder erst neu zu rekrutierende Soldaten. In dieser unübersichtlichen Lage und mit diesem ungeklärten Auftrag kann man doch nicht einfach Soldaten der Bundeswehr schon in zwei Wochen nach Mali schicken.

Hinzu kommt, dass die schwache und beinahe handlungsunfähige Übergangsregierung es bisher nicht geschafft hat, Verhandlungen mit den verschiedenen Akteuren im Norden oder einen politischen Prozess wirklich voranzutreiben. Einer Ausbildungsmission, bei der vorab nicht eindeutig geklärt ist, wer ausgebildet wird und ob damit nicht Verantwortliche für Gewalttaten und Übergriffe unterstützt werden, kann ich nicht zustimmen.

Auch den Antrag der Bundesregierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Internationalen Unterstützungsmission in Mali unter afrikanischer Führung (AFISMA) halte ich nicht für zustimmungsfähig. Ich stimme dazu mit ENTHALTUNG.

Unterstützung der ECOWAS-Truppen halte ich grundsätzlich für richtig. Die Probleme in Afrika sollten möglichst von Afrikanern und der Afrikanischen Staatengemeinschaft gelöst werden. Dabei können wir helfen. Aber das Mandat für die Bundeswehr sieht auch den Einsatz von Transport- und Tankflugzeugen zur Unterstützung der französischen Interventionstruppen vor. Die Bundeswehr soll durch Betankung in der Luft also insbesondere auch Bombardierungen durch französische Militärflugzeuge direkt unterstützen.

Bis heute ist nicht bekannt, welche Ziele die französische Luftwaffe in den letzten Wochen bombardiert hat und wie groß die Zahl der Opfer dieser Einsätze gerade auch in der Zivilbevölkerung war. Ebenso unbekannt sind die Ziele der Bombardierungen in Zukunft. Die Bundesregierung hat dazu auf mehrfache Fragen von mir immer wieder und noch gestern erklärt, das wisse sie auch nicht. Diese Kriegführung sei allein Sache der französischen Streitkräfte. Nach Meldungen der Gesellschaft für bedrohte Völker sollen im Januar mehre zehntausend Zivilpersonen aus dem Volk der Tuareg aus der Stadt Kidal im Norden geflüchtet sein aus Angst vor Luftangriffen der Franzosen. Mitte Februar sollen ca. 6000 Tuareg-Zivilisten aus dem Bergmassiv Adrar des Ifoghas im Nordosten geflohen sein und an der Grenze zu Algerien festsitzen. Vorausgegangen seien Duzende Luftangriffe auf das Bergmassiv.

Solange wir nicht wissen, wie die französische Armee Krieg führt und welche Ziele bombardiert werden, müssen wir befürchten, dass mit deutscher Hilfe Bomben geworfen werden, die Zivilisten treffen und in die Flucht treiben. Eine direkte Unterstützung der französischen Kriegsführung ist daher nicht verantwortbar.

Die beiden von der Bundesregierung vorgelegten Mandate sind zur Lösung des Konflikts so nicht geeignet und nicht ausreichend geklärt.

Auch ich bin dafür, dass Deutschland in Mali hilft, vor allem der malischen Bevölkerung, den vielen Flüchtlingen und Hungerleidenden . Dabei sollte sich die Bundesregierung neben humanitärer Hilfe auf die Unterstützung des politischen Prozesses konzentrieren. Ich bin auch dafür, eine neue und vor allem legitime Regierung und den Aufbau neuer Sicherheitskräfte zu unterstützen. Die Durchführung von fairen und freien Wahlen, an der alle, auch die Menschen im Norden und die in die Nachbarländer geflüchteten Malier, teilnehmen können, kann die Voraussetzung dafür schaffen.

Aber diesen Mandaten stimme ich nicht zu.