Bundesverfassungsgericht erlaubt die Geheimhaltung der NSA-Selektoren gegenüber Abgeordneten des Deutschen Bundestages
15.11.2016: Es ist ein schlechter Tag für die demokratische Kontrolle der Regierung und der Geheimdienste durch das Parlament. Die Bundesregierung muss dem Untersuchungsausschuss die NSA-Selektorenliste nicht vorlegen.
Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird ein immer wichtiger Teil der Tätigkeit der Geheimdienste, die Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten wie z.B. der NSA, teilweise der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Offenbar soll es schon reichen, wenn die Regierung nur behauptet, eine Offenlegung gegenüber dem Parlament könne die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden gefährden. Damit wird den Behörden leider einen simpler Weg eröffnet, ihre eigene Kontrolle zu verhindern, indem sie Geheimhaltungsabreden schließen und bei drohender Unterrichtung des Parlaments behaupten dies könne die internationale Zusammenarbeit gefährden. Das soll selbst dann gelten, wenn es sich auch nach Ansicht der Bundesregierung um problematische Selektoren handelt, die gegen Gesetze verstoßen und Grundrechte verletzen.
Da ist es ein schwacher Trost, wenn das Bundesverfassungsgericht anerkennt, dass die Existenz völkerrechtlicher Abreden für sich genommen die Beweiserhebungsrechte des Untersuchungsausschusses (UA) noch nicht beschränken können und dass das Beweisrecht des UA nicht einen von der Regierung einsetzten und bezahlten Gutachter ersetzt werden konnte und durfte. Auch folgte das Gericht der Behauptung der Regierung nicht, das Parlament sei insgesamt nicht zur Wahrung von vertraulichen Informationen in der Lage und dürfe solche schon deshalb nicht mehr erhalten.
Der Gesetzgeber muss die Kontrollrechte des Parlaments bei internationaler Zusammenarbeit stärken und neu regeln. Die Bundesregierung sollte in Zukunft Vereinbarungen mit USA nur zustimmen, wenn das Selbstverständliche nämlich parlamentarische Befassung und Kontrolle ausdrücklich drinsteht. Leider kann man nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei der Kontrolle der Geheimdienste in wesentlichen Bereichen nur noch auf Whistleblower hoffen.
Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts lesen Sie hier. Das Urteil finden sie hier.