Wahlkampf 2013

Rede zur Änderung des Parteiengesetzes

14.12.2001: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Röttgen, Sie machen Ihr Gesetz, das unter dem Vorsitzenden Helmut Kohl erlassen worden ist, schlecht.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist von allen Fraktionen einstimmig beschlossen worden und wird nun kritisiert! Helmut Kohl ist doch nicht der Gesetzgeber, das Parlament ist der Gesetzgeber!)

Schlecht aber ist nicht dieses Gesetz, sondern schlecht sind die, die sich nicht daran halten, die das Gesetz vorsätzlich brechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Weil in der Öffentlichkeit nun klar ist, dass es in der CDU einige gibt, die sich an geltende Gesetze bis heute nicht halten, und weil Konsequenzen aus dem Parteispendenskandal der CDU zu ziehen sind, müssen wir ganz schnell unseren ersten Entwurf zur Änderung des Parteiengesetzes vorlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Wir wollen nicht länger hinnehmen, Herr Kollege Röttgen, dass der Altbundeskanzler durch die Lande zieht, vor Untersuchungsausschüsse tritt und das Gesetz in fortgesetzter Handlung immer weiter bricht.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Er bricht kein Gesetz!)

Das wollen wir der Bevölkerung nicht zumuten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Deshalb wollen wir in diesem neuen Gesetz die Bestimmung aufnehmen, dass sich jemand, der das Gesetz vorsätzlich bricht und dies auch zugesteht, in Zukunft nicht mehr mit Millionenbeträgen, die er möglicherweise wieder von anonymen Spendern eintreiben könnte, freikaufen kann, sondern dann vor dem Strafrichter verantworten muss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS.)

Denn niemand in diesem Lande versteht, dass jemand, der eine falsche Steuererklärung abgibt, sich strafbar machen kann, während jemand, der das Parteiengesetz, welches er im Deutschen Bundestag selber mit durchgesetzt hat, vorsätzlich bricht, so davonkommen kann, wie das bei Herrn Dr. Kohl der Fall ist.

(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD].)

Im Übrigen wollen Sie ja bis heute keine Strafbestimmung. Sie wollen weiterhin die Möglichkeit eröffnen, sich bei vorsätzlichen Verstößen gegen das Parteiengesetz freizukaufen, nämlich indem die Gelder dann an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden. Diese Philosophie, die Sie beibehalten wollen, haben wir nicht. Wir wollen etwas Neues, etwas Besseres.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Nun zu einem Punkt, von dem wir überhaupt nicht betroffen sind: Es ist richtig, dass das Grundgesetz vorschreibt - dieses Parteiengesetz bisher leider nicht -, dass Rechenschaft auch über Vermögen und über Einkommen aus Vermögen abgelegt werden muss. Die Bürgerin, der Bürger muss wissen können: Welche Partei hat welche Beteiligung, verfügt über welches Vermögen, erzielt welches Einkommen aus welchem Vermögen? Damit die Bürgerinnen und Bürger das in Zukunft wissen können, deshalb schreiben wir das jetzt so in das Gesetz hinein:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Jedes Jahr muss Rechenschaft darüber abgelegt werden und alle fünf Jahre muss offenbart werden - und zwar testiert -, was die Vermögensbeteiligung in Heller und Pfennig bzw. in Euro und Cent wert ist.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

Doch, das schreiben wir in das Gesetz hinein. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nicht nach dem Zeitwert, nach dem Buchwert!) Herr Kollege Röttgen, es stimmt auch nicht, dass jemand, der falsche Angaben macht, dann so davonkommt.

(Inge Wettig-Danielmeier [SPD]: Gucken Sie in das Handelsgesetzbuch!)

Nein, schauen Sie einmal in den Gesetzentwurf hinein, was wir unter § 31 d einfügen wollen: Jede vorsätzlich falsche Rechnungslegung soll unter Strafe gestellt werden und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren belegt werden können. Das heißt, wir können sicher sein, dass die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft wissen, wie hoch das Vermögen ist und welche Einkommen aus welchen Vermögen erzielt werden.

Herr Kollege Röttgen, geben Sie an Ihre Freunde bei der CDU in Hessen weiter: In Zukunft müssen auch Vermächtnisse und Erbschaften genau benannt werden. Es genügt nicht, dies einfach zu schreiben, sondern wir und die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, wer der Erblasser war und wo er gewohnt hat, damit sich alle ein Bild machen können, ob das überhaupt stimmt oder ob nicht wieder solche Machenschaften dahinter stecken, wie das die CDU in Hessen praktiziert hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Wir wollen, dass in Zukunft diese Koffer mit gebündeltem Barem nicht mehr im Land herumgereicht werden, jedenfalls nicht mehr mit Parteispenden.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist doch gar kein Streitthema!)

Deshalb wollen wir Barspenden auf 1 000 Euro beschränken. Daher wollen wir auch, dass Spenden in Höhe von 50 000 Euro oder höher zeitnah veröffentlicht werden müssen. Es darf nicht sein, dass man Jahre später, so wie Sie das bei der Ehlerding-Spende gemacht haben, irgendwo eine Spende aus dem Schreibtisch herausholen und sagen: Da war doch noch etwas. In Zukunft müssen Sie, wenn dieses Gesetz in Kraft ist, zeitnah sagen: Wir haben 50 000 Euro von dem oder dem bekommen. Die Bürgerinnen und Bürger können dann ihr Wahlverhalten danach ausrichten, wenn sie wissen, dass Herr und Frau Ehlerding wenige Tage vor einer Bundestagswahl 5,9 Millionen DM an die CDU gespendet haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD.)

Sie wissen dann, in welcher Weise Regierungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland unter der Regierung Kohl käuflich gewesen sein könnte.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sie war nicht käuflich! Unterlassen Sie diese Behauptung!)

Darüber sollen sie sich ein Bild machen können, um ihr Wahlverhalten entsprechend ausrichten zu können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Manfred Grund [CDU/CSU]: Reine Diffamierung!)

Deshalb ist dieses Gesetz, so wie wir es vorgelegt haben, richtig und wichtig. Aber ich sage Ihnen: Das ist der erste Schritt. Der Untersuchungsausschuss ist mit seiner Arbeit noch nicht am Ende.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Er hat nichts herausgefunden!)

Im nächsten Sommer werden wir nachlegen. Da können Sie sicher sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Manfred Grund [CDU/CSU]: Zwei Jahre lang diffamieren und nichts herausgefunden! Null!)