Wahlkampf 2013

Gesetz zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

11.10.2001: Historische Entwicklung von Freizeit- und Erholungsgrundstücken in der DDR .
Beteiligung der Nutzer von Erholungsgrundstücken an den entstehenden Lasten und Teilkündigungsrecht bei großen Flächen.

Die Benachteiligung der Nutzer gegenüber den Alteigentümern von Grundstücken in den Ost-Bundesländern nach der Vereinigung habe ich immer für falsch ge- halten. Die damalige Regierung Kohl und die Koalition haben nach dem Motto .Rückgabe vor Entschädigung. anders entschieden. Die Regelungen des Einigungsvertrages nach dem Motto sind jetzt nach elf Jahren nicht mehr rückgängig zu machen. Spätere Gesetze wie das Schuldrechtsänderungsgesetz oder das Sachenrechtsbereinigungsgesetz haben wenigstens einige Härten gemil- dert.

Die damalige Bundestagsgruppe Bündnis 90/Die Grünen hatte einen eigenen Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Freizeitgrundstücken vorgelegt. Der wurde von der früheren Koalition abgelehnt. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zum Schuldrechtsanpassungsgesetz war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht eine Besserstellung der Grundstückseigentümer verlangt hat. Die Nutzer müssen an den öffentlichen Lasten beteiligt und den Eigentümern muss eine Teilkündigung ermöglich werden. Das Gericht leitet dies aus der Eigentumsgarantie der Verfassung ab. Daran sind wir als Gesetzgeber gebunden, auch wenn ich es anders sehe und will. Ich sage ausdrücklich: leider, leider.

Ich weiß, dass die Betroffenen oft unter großen Opfern ihre Datsche gepflegt und bewohnbar gemacht haben. Ich weiß auch, welche besondere Bedeutung privat genutzte Freizeitgrundstücke für die persönlichen und Familienbiografien hatte. Dies galt besonders wegen des Fehlens von Reisefreiheit und Ferienmöglichkeiten in der DDR.

Inzwischen sind all diese Möglichkeiten, zu reisen und Ferien zu gestalten wie überall in Deutschland gegeben, wenn das nötige Geld vorhanden ist. Es gibt einen ein- heitlichen Rechtsraum, in dem nun einmal das Grundgesetz in seiner Auslegung durch das Bundesverfassungsge- richt Geltung beansprucht. Es wird auch gegenüber den Nutzern entsprechender Grundstücke in den alten Bundesländern immer schwieriger, die Sonderregelung Ost zu begründen, gerade was die Höhe der Entgelte angeht. Auch Rentner im Westen haben nicht selten Probleme, die im Kleingartengesetz festgelegten Kosten der öffentlichen Lasten zu tragen.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob das Bild, was die PDS in ihrem Antrag zeichnet, der sozialen Realität im vereinigten Deutschland noch entspricht. Nicht jeder Nutzer aus dem Osten ist arm und alt, nicht jeder Eigentümer des Freizeitgrundstücks aus dem Westen reich und mit vielen alternativen Möglichkeiten ausgestattet. Auch im Westen gibt es derartige Konflikte zwischen Nutzern und Eigentümern immer wieder. Es verwischen sich langsam die Unterschiede und damit die Berechtigung unterschiedlicher Rechtssysteme.

Wir kommen nicht darum herum, die heutigen Nutzer kleingärtnerisch genutzter Grundstücke an den öffentlichen Lasten stärker zu beteiligen. Die Regelungen des Gesetzes müssen sich an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts orientieren. Es muss ausgeschlossen werden können, dass eine erneute Anrufung des Gerichts durch Eigentümer, denen die Regelung nicht weit genug geht, Erfolg hat. Keine Regierung und keine Parlamentsmehrheit will sich noch mal dem Risiko aussetzen, dass das Gericht die Neuregelung für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz versucht die öffentlichen Lasten gerecht zu verteilen. Solche aus den vergangenen elf Jahren sollen vom Nutzer nur zur Hälfte getragen werden. Es gibt eine sozialverträgliche Regelung für die Nachzahlung. Nur die zukünftigen Lasten trägt der Nutzer allein.

Damit wird die Lastenverteilung marktwirtschaftlichen Verhältnissen angepasst, auch wenn eine eventuelle Wertsteigerung des Grundstückes unberücksichtigt bleibt. Eine Wertsteigerung ist schwer zu kalkulieren. Sie wird auch nicht immer eintreten. In einer generell gültigen gesetzlichen Regelung ist sie deshalb nur schwer zu fassen. Die unvermeidliche Entgelterhöhung ist letztlich der Preis für die gesetzlich bewusst langen Kündigungsschutzfristen zugunsten der Nutzer. Die Eigentümer bleiben . gemessen am deutschen Zivilrecht . für einen überaus langen Zeitraum von der wirtschaftlichen Nutzung ihres Eigentums und der Verfügungsmacht über ihr Eigentum ausgeschlossen.

Bei größeren Grundstücken von mindestens 1 000 Quadratmetern kann in Zukunft der Eigentümer hinsichtlich einer Teilfläche kündigen. Er muss dann dem Nutzer Aufwendungen ersetzen. Nutzer können den Eigentümer auffordern, das Kündigungsrecht innerhalb von sechs Monaten auszuüben. So soll Rechtsklarheit erzwungen werden können. Wir haben Zuschriften von Eigentümern einerseits und Nutzerverbänden andererseits erhalten. Sie fordern Veränderungen, aber in gegensätzlicher Richtung. Ich meine, die gefundene Regelung wird innerhalb der Vorgaben den Interessen beider Seiten halbwegs gerecht.

Auch ich bin über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und das Gesetz nicht glücklich. Aber wir müssen diese Entscheidung, die weitgehend zulasten der Nutzer geht, treffen. So halten wir uns im Rahmen der Verfassung, wie er vom Gericht festgelegt wurde. Nur so vermeiden wir eine neue Anrufung des Verfassungsgerichts. Das Gesetz bringt einen schwierigen Kompromiss zwischen den Interessen der Eigentümer, wie sie das Verfassungsgericht gewahrt wissen will, und denen der Nutzer und Nutzerinnen.