Wahlkampf 2013

Bundespolitische Auswirkung der neuerlichen Parteispendensammelaktion

15.03.2000: Sammlung von Spenden für die CDU durch Altbundeskanzler Kohl als Schadenersatz für die Spendenaffäre - Parteispenden an die SPD während der Regierung Schmidt

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Diese Aktuelle Stunde ist richtig und notwendig, um zunächst einmal auf ein etwas eigenartiges Zusammentreffen verschiedener Zufälle hinzuweisen. Die zukünftige Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Union stellt sich in die Öffentlichkeit und sagt: Wir müssen einen Neuanfang machen, das Alte wird abgeschlossen, das Kapitel Spendenaffäre können wir schließen.

Zufällig erklärt zur gleichen Zeit der Ex-Kanzler Helmut Kohl in einer Pressekonferenz, er habe nun über 6 Millionen DM gesammelt, er werde dieses Geld an die CDU abführen und damit könne die Sache beendet werden. Der Kollege Schmidt schämt sich nicht, in einem Interview zu erklären, dass der Abgeordnete Ströbele von den Grünen und SPD-Abgeordnete den Zeugen aus Bayern, den rechtschaffenen Staatsanwalt Maier, in seiner Zeugenaussage beeinflusst hätten. Das sollen wir getan haben.

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Habe ich nicht gesagt! - Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Bei Ihnen würde mich das nicht wundern!)

Nun zu den Zeugen, die als nächste vor den Untersuchungsausschuss geladen sind: Herr Lüthje ist krank.

Herr Schreiber, der noch vor ein paar Tagen erklärt hat, er wolle alles vor dem Untersuchungssausschuss sagen, er wolle aus Kanada herkommen oder seine Aussage vielleicht über Video in die Bundesrepublik tragen, sagt nun, er wolle vor dem Ausschuss nicht aussagen. Und der Zeuge, der morgen gehört werden soll, Herr Weyrauch, der noch bis vor wenigen Tagen erklärt hat, er wolle endlich im Untersuchungsausschuss gehört werden und umfassend alles auf den Tisch legen, lässt uns durch seinen Anwalt mitteilen, er wolle nicht aussagen, er mache von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das ist in einem Rechtsstaat möglich!)

Am gleichen Tag, an dem dies erklärt wird, erhalten wir endlich die Erklärung der CDU, dass Herr Weyrauch von seiner Verschwiegenheitspflicht als Steuerberater befreit ist. Sobald Sie sicher sein können, dass er keine Aussage machen wird, erklären Sie: Jetzt befreien wir ihn von der Verschwiegenheitspflicht. - Dieses eigenartige Zusammentreffen von Zufällen deutet darauf hin: Sie wollen keine Aufklärung, Sie wollen dieses Kapitel abschließen und die Arbeit des Untersuchungsausschusses durch immer neue Anträge auf Aktenbeiziehung unmöglich machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

Ich sage Ihnen: Damit kommen Sie bei uns nicht durch! Wir werden die Arbeit in dem Untersuchungsausschuss erheblich beschleunigen. Wir werden an mehreren Tagen in der Woche verhandeln, wir werden in den Ferien verhandeln und wir werden bis abends verhandeln. Wir werden bis zum Sommer ein erstes Ergebnis der Spendenaffäre der CDU vorlegen. Wir wollen die Fakten auf den Tisch haben. Wir wollen Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie versuchen, sich in der Öffentlichkeit wieder als die Partei von "law and order"

mit Forderungen nach Videoüberwachung von Straßen und Plätzen in ganz Deutschland zu profilieren. Wissen Sie, was "law and order" heißt? - Gesetz und Recht! Sie als Partei von Gesetz und Recht - bei diesem ehemaligen Vorsitzenden? Da machen Sie sich doch lächerlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS - Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das muss der sagen!)

Sie sollten Kameras für CDU-Geschäftsstellen fordern, damit dort endlich Klarheit reinkommt.

(Albert Schmidt [Hitzhofen) [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Schatzmeisterei hätte man überwachen müssen mit Kameras!)

Bei der Schatzmeisterei vielleicht auch. Bei meinen "Kofferstunden", die ich abends in der Bundesrepublik abhalte, erzähle ich den Leuten, was sich aus den Akten so zusammengesammelt hat. Ich verlange von Ihnen, dass Sie mir und der Bevölkerung einmal erklären: Was halten Sie eigentlich davon, dass Ihre Vertrauenspersonen, auf die die Politik von Helmut Kohl nach eigener Aussage aufgebaut war - Herr Weyrauch, Herr Lüthje und Herr Kiep -, einfach feststellen, bei dem Konto "Norfolk", das angeblich der CDU gehört hat, sind 1,5 Millionen Schweizer Franken übrig? Was machen die drei ehrenwerten Herren? Sie beschließen, das Geld untereinander aufzuteilen. Wer hat das entschieden? - Herr Kiep! So steht es in dem Bericht, den Sie selber vorgelegt haben. Die CDU soll sich dazu äußern, ob sie dies gut findet: Finden Sie das richtig? War der überhaupt dazu befugt? Wird das nachträglich gebilligt? Das sind Fragen, die sich die Bevölkerung stellt. Wir wollen wissen, wie dies bei Ihnen gehandhabt worden ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dies gilt vor allen Dingen, nachdem dasselbe Trio kurz vorher auch die 1 Million DM aus dem berühmten Koffer aus der Schweiz unter sich aufgeteilt hat. Der eine kriegt 370 000 DM, der andere 370 000 DM plus Mehrwertsteuer und der dritte bezahlt damit seinen Rechtsanwalt in Höhe von 340 000 DM. Das haben die unter sich entschieden. Das war angeblich CDU-Geld. Das müssen Sie einmal erklären: Ist das gebilligt worden? Wussten davon der CDU-Vorsitzende und der Generalsekretär nichts? Wie stehen Sie denn heute dazu?

Was sagt die Partei dazu? Ruft sie nach dem Staatsanwalt? Ruft sie nach Schadenersatz? Beantworten Sie diese Fragen, die man in der Öffentlichkeit stellt!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich will einen letzten Punkt anführen. Sie haben hier neue Zeitungsartikel und neue Meldungen aus der Presse zitiert, mit denen Sie diese alten Kamellen herholen wollen. Was 1976 vielleicht mit Herrn Nau gewesen ist, können wir auch aufklären.

Vizepräsidentin Anke Fuchs: Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit!

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur dieses noch, ein letzter Satz. Klären wir doch erst einmal auf: Warum hat eigentlich die hessische CDU aus Spendengeldern, die in der Schweiz waren und an sie zurückgeflossen sind, 45 000 DM an die Staatsbürgerliche Vereinigung Bayern gezahlt? Waren das Zinsen? Was war das eigentlich? Damit sind wir bei der CSU. Ich denke, der Untersuchungsausschuss hat bis zum Ende der Legislaturperiode zu tun, um Licht in dieses Dunkel der Union zu bringen - und zwar ohne Videokameras.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)