Wahlkampf 2013

Medienberichte über Zuwendungen im Zusammenhang mit Rüstungsexporten im Jahr 1991

10.11.1999: Vorwürfe gegen W. L. Kiep im Zusammenhang mit Rüstungsexporten - Parteispenden an die CDU im Zusammenhang mit Rüstungsexporten

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Frage war völlig berechtigt: Wo ist der Koffer mit der 1 Million DM in bar, Frau Generalsekretärin?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Den hätten wir gerne.

Klar ist doch, daß der ehemalige Bundesschatzmeister der CDU, Herr Leisler Kiep, 1 Million DM in bar kassiert hat. Das hat er selber gegenüber einem Richter bestätigt.

Gebündeltes Bares in einem Koffer ist eigentlich schon anrüchig genug. Zur Bekämpfung der Geldwäsche haben Sie sich auf einen Betrag von 20 000 DM in bar festgelegt. Ab dieser Höhe muß an der Grenze jeder Betrag deklariert werden, weil jemand, der soviel Geld herüberbringt, verdächtig ist. Aber für die CDU und diesen Schatzmeister ist das offenbar nichts Außergewöhnliches. Das wissen wir ja aus den 80er Jahren; da war dieser Herr bereits in den Mühlen der Justiz.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!.)

Klar ist auch, daß die Million von einem ganz dubiosen Waffenhändler stammt, dem ehrenwerten Herrn Schreiber.

(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Was war er denn nun, dubios oder ehrenwert?)

Das bestärkt den Verdacht, daß da etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, und begründet den schlechten Geruch dieses Geschäfts. Unklar ist bisher, wer denn nun diese Million bekommen hat.

(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Wer hat gezahlt?.)

Die Staatsanwaltschaft Augsburg geht davon aus, daß der Beschuldigte Kiep das Geld bekommen hat. Der streitet das ab und sagt, die CDU habe es bekommen. Er war damals Schatzmeister, muß es also wissen. Die al- lerneueste Variante ist, daß nicht die CDU es gewesen ist, sondern deren Angestellte von diesem Geld eine Sondervergütung bekommen haben. In den Spendendeklarationen der CDU taucht das aber nicht auf. Das kennen wir aus den Affären der 80er Jahre. Ich sage: Sie entwickeln sich zu einer Partei der Wiederholungstäter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

Es handelt sich hier ganz offenbar um einen Rückfall eines unverbesserlichen Wiederholungstäters. Ihr Verein scheint völlig unbelehrbar zu sein. Eigentlich hätten Sie sich das, was Ihnen in den 80er Jahren zugestoßen ist, zur Lehre dienen lassen sollen. Aber diesmal ist es noch viel schlimmer: Die Million wurde ja nicht gezahlt - wie damals von dem Flick-Konzern - zur Pflege der politischen Landschaften,

(Zuruf von der CDU/CSU: Demagoge!.)

sondern, so die Staatsanwaltschaft Augsburg, im Zusammenhang mit einem Waffendeal.

(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das ist doch noch alles nicht geklärt, denke ich!)

Die Staatsanwaltschaft Augsburg ist dieser Auffassung. Der Bundesschatzmeister sollte helfen - den entsprechenden Brief haben wir ja -, die Lieferung von 36 Fuchs-Panzerwagen an die Saudis bei der Bundesregierung durchzusetzen. Der Brief hatte, wie wir wissen, Erfolg. Die Genehmigung der Bundesregierung wurde nach anfänglichem Zögern und anfänglicher Ablehnung erteilt, und die Panzer wurden geliefert. Daraufhin hat der Herr die Hand aufgehalten, und die Millionen sind geflossen

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Wieder eine Unterstellung.)

für seine schmutzige Mitwirkung an diesem Deal.

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das denn?)

Aus den Akten der Staatsanwaltschaft Augsburg.

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Sagen Sie es doch mal! Sie können doch so etwas nicht behaupten, wenn Sie keine Beweise haben! Das ist nicht sehr rechtsstaatlich!)

Das stinkt gewaltig, und das ist eine neue Dimension der Parteienkorruptheit.

Aber damit noch nicht genug. Auch andere Würdenträger der CDU und der CSU sollen Millionenbeträge abgezockt - und natürlich nicht versteuert - haben, weil sie an dem Panzerdeal mitgefingert haben: Mitglieder der Kohl-Regierung, Staatssekretär Pfahls, Staatssekretär Riedl.

(Peter Dreßen [SPD]: Strauß!.)

Genau, die Familie Strauß ist auch dabeigewesen und hat mitverdient, so jedenfalls die Staatsanwaltschaft Augsburg.

(Susanne Kastner [SPD]: Eine von ihnen ist jetzt Ministerin in Bayern!)

Schließlich fragt sich die geneigte Öffentlichkeit - das werden Sie jetzt immer wieder von Journalisten gefragt -: An wen sind denn eigentlich die 180 Millionen DM, die die Saudis zusätzlich gezahlt haben, gegangen? Wer ist damit bezahlt worden? In welche Amigo- Wirtschaft ist dieses Geld geflossen?

(Zuruf von der SPD: Bayern!.)

In der CDU breiten sich, nachdem das jetzt bekanntgeworden ist, Schweigen und Blackouts aus. In Italien nennt man das wohl "omertà".

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh.)

Wir und die deutsche Öffentlichkeit wollen endlich wissen: Was hat der damalige CDU-Generalsekretär, was hat der damalige CDU-Parteivorsitzende gewußt? Sie behaupten, nichts gewußt zu haben. Warum hat er eigentlich nicht seine Aufsichtspflicht wahrgenommen? Es ist doch völlig egal, ob 1 Million DM an die Partei oder an die Angestellten der Partei geflossen sind. Wenn ich 50 000 DM eingenommen habe, kann ich dem Finanzamt auch nicht sagen, daß ich sie nicht versteuern muß, weil sie an meine Angestellten weitergeflossen sind. Es macht doch in der Sache keinen Unterschied, an wen das Geld geflossen ist.

Frau Merkel, sagen Sie hier bitte deutlich: Haben Sie mit den Angestellten geredet? Haben Sie mit Ihrem ehemaligen Bundesschatzmeister geredet? Haben Sie mit Ihrem ehemaligen Parteivorsitzenden geredet? Was haben die gesagt? Ist das Geld dort angekommen? Unter was ist es verbucht worden?

Vizepräsidentin Petra Bläss: Herr Kollege Ströbele, bitte achten Sie auf Ihre Redezeit.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aus welchem Grunde sind die Zahlungen geleistet worden? Welche Angestellten haben sich für eine zusätzliche Sondervergütung in Höhe von 100 000 DM bedankt?

Wir fordern die CDU auf: Rücken Sie die Million heraus! Zahlen Sie 2 Millionen DM an Strafe! Wir fordern den Deutschen Bundestag auf: Lassen Sie diese Aktuelle Stunde den ersten Schritt zur Aufklärung dieses Skandals und dieser Amigo-Affäre sein! Setzen Sie zusammen mit uns einen Untersuchungsausschuß ein, damit wir der Sache auf den Grund gehen können und den Sumpf aus Korruption und Vetternwirtschaft trockenlegen können!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)