Wahlkampf 2013

Rede zu Verstößen gegen das Parteiengesetz durch mögliche illegale Finanzzuflüsse bei der FDP

13.11.2002: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Aktuelle Vorwürfe von Verstößen gegen das Parteiengesetz durch mögliche illegale Finanzzuflüsse bei der FDP

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Friedrich, Sie haben die Presse gelobt; dem kann ich mich anschließen. Warum haben Sie dann aber nicht zum Thema geredet (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Jawohl!) und etwas darüber erzählt, wo eigentlich die Spendenblocks Ihres Kollegen Thomas Zimmermann in München geblieben sind und welche Spenden er quittiert hat, die gar nicht gegeben worden sind? Das hätte uns interessiert. Ebenso hätte der Kollege Röttgen ein paar Sätze über Leverkusen verlieren können und über die 130 000 Euro, die dort jetzt in einer Kasse aufgetaucht sind und von denen keiner weiß, woher sie kommen. Dafür treffen wir uns hier und heute doch: damit wir der Öffentlichkeit und der Bevölkerung diese Fragen beantworten. Dazu haben Sie nichts beigetragen. Sie haben sich vielmehr wieder in einer Debatte verloren, die Sie selber immer wieder kritisiert haben. (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Noch ein Zimmermann! Lauter Zimmermänner!) Ich frage mich: Wo ist der Bundestagsabgeordnete Möllemann eigentlich? (Sebastian Edathy [SPD]: Westerwelle ist auch nicht da! - Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Herr Müntefering ist auch nicht da!) - Der Kollege Westerwelle ist auch nicht da. - Ich bedauere außerordentlich, dass die Geschäftsordnung uns keine Möglichkeit gibt, auch Bundestagsabgeordnete herbeizuzitieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Es wäre doch einmal etwas Hervorragendes, dass sie hierher kommen, wenn es um ihre Machenschaften geht, und hier, vor dem deutschen Parlament, Rede und Antwort stehen. (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Der Kollege Möllemann!) - Ja, der Kollege Möllemann. (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Mitglied des Deutschen Bundestages! Mitglied Ihrer Fraktion, Herr Gerhardt!) - Herr Wiefelspütz, jetzt bin ich dran. Sie dürfen gleich. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Am 2. Dezember 1999, vor fast drei Jahren, habe ich hier schon einmal gestanden. Das war zu dem Zeitpunkt, als Herr Kollege Schäuble ein Geständnis abgelegt hat - jedenfalls ein Teilgeständnis. Da habe ich meine Rede damit angefangen, dass ich gesagt habe: Ich verstehe nicht, wieso sich die FDP - damals vertreten durch Herrn Koppelin - so auf die Seite der CDU stellt, warum sie sich so schützend davor stellt. Des Weiteren habe ich gesagt, dass ich am selben Tag im "Stern" gelesen habe, dass auch der Kollege Möllemann und noch ein anderer Geld bekommen haben sollen. Da ist Herr Westerwelle, der ja heute leider nicht anwesend ist, aufgesprungen und hat eine Zwischenfrage gestellt. In zwei Sätzen kam dreimal das Wort Unverschämtheit vor, die er mir damals vorgeworfen hat. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie damals das, was der "Stern" geschrieben hat und was ich im Deutschen Bundestag erklärt habe, ernst genommen hätten, dann hätten Sie sich schon damals hingesetzt und hätten angefangen, die Affäre Möllemann aufzuklären. Dann wäre uns und dem deutschen Volk viel erspart geblieben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]) - Wenn Sie es immer noch nicht gelesen haben: Da steht, dass Herr Möllemann seinerzeit nicht nur den Panzerdeal mit Saudi-Arabien gefördert hat und die Firma Thyssen damals so lange mit dem Panzerdeal gewartet hat, bis Möllemann Wirtschaftsminister geworden ist, sondern dass auch die FDP in Nordrhein-Westfalen damals über 300 000 DM bekommen haben soll, und zwar nicht in den 80er Jahren, sondern 1994 im Zusammenhang mit diesem Panzerdeal. Wären Sie doch einmal dieser Sache nachgegangen! Aber das haben Sie nicht gemacht. (Dr. Max Stadler [FDP]: Sie haben doch verzichtet, ihn als Zeugen zu holen!) Jetzt versuchen Sie aufzuklären und alle loben den Kollegen Rexrodt. Ich sage ganz ungeschützt im Deutschen Bundestag: Herr Kollege Rexrodt, ich habe auch bei Ihnen Zweifel, ob Sie der geeignete Mann sind, eine solche Affäre aufzuklären. (Widerspruch bei der FDP - Zuruf von der SPD: Hört! Hört!) Denn ich weiß, Herr Kollege Rexrodt, dass Sie im Jahre 1995, unter der Regierung Kohl - da waren Sie Minister -, mit nach Kanada gefahren sind und sich bei der damaligen Regierung vehement für das Panzerprojekt von Herrn Schreiber, das Bearhead-Projekt, eingesetzt haben. (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: So ein Quatsch!) Ich frage mich: Was haben die Zahlungen an die FDP in den Jahren darauf - gerade auch an den Landesverband in Nordrhein-Westfalen, wo wir jetzt nicht wissen, aus welchen Mitteln der letzte Landtagswahlkampf finanziert worden ist - mit diesen Unterstützungshandlungen etwa des Kollegen Rexrodt zu tun? (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Mein Gott! - Weitere Zurufe von der FDP) Die Affäre des Kollegen Möllemann ist genauso wenig eine Affäre nur des Kollegen Möllemann, wie das System Kohl nur ein System des ehemaligen Abgeordneten und Bundeskanzlers Kohl war. Vielmehr ist die Affäre des Kollegen Möllemann eine Affäre der FDP. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Das kann nicht Herr Möllemann alleine gewesen sein, der in 158 Bankfilialen erschienen ist und dort Geld eingezahlt hat. Da waren noch mehr Leute am Werk. Es ist richtig und wichtig, dass Sie ihn verklagen. Aber warum lassen Sie die anderen alle außen vor? (Ina Lenke [FDP]: Welche anderen?) Dieses System stinkt weiter. Dieses System stinkt auch in die Vergangenheit. Es hat sich nicht nur ausgewirkt etwa bei dem Flugblatt kurz vor der letzten Bundestagswahl, sondern, wie wir inzwischen wissen, wahrscheinlich auch im Jahr der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, als sich Herr Möllemann seinerzeit den glorreichen Sieg auf seine Fahnen geschrieben hat. Wir wollen von Ihnen wissen: Woher kommt dieses Geld? Es gibt den dringenden Verdacht, dass dieses Geld aus arabischen Quellen gekommen ist. (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Kommen Sie doch mal mit Infos!) Das haben nicht nur Zeitungen berichtet, sondern das ergibt sich möglicherweise - auch ich weiß nichts Näheres - (Lachen bei der FDP - Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das ist der Punkt!) aus den engen Connections des Kollegen Möllemann und der FDP hin in den arabischen Raum. Schließlich war Herr Möllemann derjenige, der bereits Anfang der 90er Jahre arabischen Wünschen etwa nach Waffenlieferungen im großen Umfang entsprochen hat. Solange Herr Möllemann nicht sagt, woher er das Geld hat, ist jede Spekulation, auch in diese Richtung, begründet. Wenn sein antisemitisches Flugblatt mit arabischen Geldern finanziert worden ist, dann ist der Skandal vollständig. (Zurufe von der CDU/CSU: Was haben Sie in Israel gesagt, Herr Ströbele? Sie haben es gerade nötig! - Heuchler!) Deshalb: Es muss sofort und vollständig aufgeklärt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)