Wahlkampf 2013

Rede zur UN-Konvention gegen Korruption

25.09.2014: Am Donnerstag Abend kommentierte Hans-Christian Ströbele den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 31. Oktober 2003 gegen Korruption:

  
 

grün: ratifziert; hellgrün: auf dem Weg; gelb: bisher nur unterzeichnet (Karte: cc-by-sa Kmusser)

Guten Abend, Frau Präsidentin! Guten Abend, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin aus dem Untersuchungsausschuss schnell herübergelaufen, um hier einige Bedenken zu äußern.

Ich fange erst einmal mit einem Lob an, wie ich das bei diesem Thema jedes Mal mache. Vor elf Jahren gab es unter Rot-Grün eine sehr mutige Justizministerin. Sie hat seinerzeit im Dezember 2003 - darauf haben einige schon hingewiesen - gegen den Willen der Mehrheit der damaligen Koalition und gegen den Willen der Mehrheit der Opposition diese Konvention unterschrieben, weil sie gesagt hat: In dieser Konvention steht so viel Richtiges - das stellt uns vor große Herausforderungen -, dass man sie unterschreiben muss. - Allerdings ist danach nichts geschehen. Wir sind in der Reihe der Staaten, die ratifiziert haben, immer weiter nach hinten gerutscht. Heute sind wir auf Platz 170 in der Weltgemeinschaft - darauf ist schon hingewiesen worden -; das ist kein medaillenverdächtiger Platz. Das lag daran - das muss man hier klar sagen -, dass sich die verschiedenen Koalitionen - Rot-Grün hat damals noch daran gearbeitet, ist aber nicht ganz fertig geworden - nicht darauf einigen konnten, ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung, das diesen Namen wirklich verdient hätte, zu verabschieden. Dieses Gesetz ist jetzt verabschiedet. Zur Note würde ich sagen: gerade noch ausreichend. Wir haben auch zugestimmt, damit überhaupt irgendetwas kommt. Aber eine Note wie befriedigend oder gut würde ich dem nicht geben.

Aber was überwiegend vergessen worden ist - von Ihnen ist ein Punkt angesprochen worden -: In dieser Konvention ist noch vieles andere Richtige und Wichtige enthalten. Das ist noch viel Arbeit für Sie, für uns, für den ganzen Deutschen Bundestag. Von den Unterzeichnern dieser Konvention wird zum Beispiel gefordert, dass Sie sich Gedanken machen und in einigen Bereichen gesetzgeberisch tätig werden, die Sie bisher überhaupt nicht angehen wollten. Das ist erstens das Korruptionsregister. In jeder Legislaturperiode haben wir das Thema eingebracht. Unter Rot-Grün haben wir damals sogar schon ein Gesetz verabschiedet, das dann aber nicht mehr zur Anwendung gekommen ist.

Ein Korruptionsregister für Deutschland ist dringend erforderlich. Denn jeder Beamte - vor allem jeder und jede Stelle im öffentlichen Bereich, die Aufträge vergeben - muss doch wissen, ob ein Unternehmen, das sich um einen Auftrag bewirbt, schon einmal mit Korruption aufgefallen ist. Sonst kann man doch keine vernünftige Entscheidung treffen. Das wollen Sie aber bisher nicht, obwohl die Konvention auch vorsieht, dass man sich darum kümmert.

Ein zweiter Punkt ist: In dieser Konvention wird gefordert, dass die Transparenz der Parteienfinanzierung vervollständigt werden muss. Auch da können wir noch sehr viel leisten. Wir diskutieren das Thema immer wieder im Deutschen Bundestag, sind aber mit dem, was wir alles erreichen müssen, noch lange nicht am Ende der Fahnenstange.

Der dritte Punkt - das ist auch ein interessanter Punkt, Herr Kollege Lange; das trifft nämlich die Regierung - ist, dass für Regierungsmitglieder Karenzzeiten eingeführt werden sollen. Man soll gesetzgeberisch tätig werden und mit Karenzzeiten regeln, wann man nach Ausscheiden aus dem Amt in der Industrie oder sonst irgendwo einen Job annehmen kann. Auch dafür wünsche ich Ihnen viel Glück und viel Mut. Sie haben unsere Unterstützung, wenn etwas zustande kommt. Das ist dringend erforderlich und muss sofort gemacht werden.

Jetzt komme ich abschließend zu meinem Lieblingsthema - auch das ist Gegenstand der Konvention -: die Whistleblower. In der Konvention ist nämlich vorgesehen, dass gesetzliche Regelungen dafür getroffen werden, dass man, ob im öffentlichen Dienst, in einer Firma oder bei einem anderen Arbeitgeber, straflos und ohne Nachteile Missstände, Verbrechen oder mögliche Gesundheitsgefährdungen von großen Teilen der Bevölkerung anzeigen kann, ohne dass man seinen Job verliert oder bestraft wird.

Damit bin ich jetzt wieder bei dem Thema, um das es auch im Untersuchungsausschuss geht, in den ich gleich wieder zurücklaufe. Natürlich muss auch in Deutschland eine Regelung für Whistleblower her, die etwa Geheimnisse verraten, wenn diese mit Tätigkeiten verbunden sind, die strafbare Handlungen sind, die in Grundrechte von Millionen von Menschen eingreifen. Das muss man straflos und möglicherweise mit dem Nobelpreis oder dem Alternativen Nobelpreis belobigt tun dürfen und sollen. Diesen Menschen müssen wir Mut machen. Ich komme gerade aus den Vereinigten Staaten. In den USA gibt es eine Whistleblower-Regelung. Wir sollten uns im Deutschen Bundestag an die Arbeit machen, dass wir möglichst bald auch in Deutschland so etwas haben.

Einen Videomitschnitt der Rede können Sie hier aufrufen.