Wahlkampf 2013

Zu neuen Vorwürfen einer Verletzung des Parteiengesetzes durch die CDU

10.05.2001: Aktuelle Stunde betr. Bundespolitische Auswirkungen neuer Vorwürfe einer Verletzung des Parteiengesetzes durch die CDU

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kolle- gen! Meine Damen und Herren! Es gibt Leute, die sagen, dass die CDU unter der neuen Vorsitzenden Frau Merkel und unter dem neuen Fraktionsvorsitzenden Herrn Merz anders geworden ist, aufklären will und diese ganze Affäre hinter sich bringen und alles auf den Tisch legen möchte. Ich sage diesen Leuten, denen ich auf der Straße oder bei Veranstaltungen begegne, dass ich weder Herrn Merz noch Frau Merkel zu nahe treten möchte,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das schaffen Sie auch gar nicht!)

aber man nach anderthalb Jahren, die die Affäre der CDU nun schon dauert, doch die Frage stellen muss . die können Sie, Herr Merz, an Ihre Kollegin Frau Merkel weiter- geben; die habe ich ihr auch im Ausschuss gestellt ., warum Sie eigentlich nicht zivilrechtlich gegen diejenigen vorgehen, die in Ihrer Partei Funktionen ausgeübt haben, in ihrer Funktion Erkenntnisse erlangt und in ihrer Funktion Geld beiseite geschafft haben, zum Beispiel 1,5 Mil- lionen Schweizer Franken unter sich aufgeteilt haben.

Sie als Jurist wissen, dass Sie die zivilrechtliche Möglichkeit haben, diese Personen auf Auskunft zu verklagen,und als Parteivorsitzender sogar die Pflicht haben, zivilrechtlich einen Schadensersatz oder die Rückzahlung der unrechtmäßig vereinnahmten Beträge durchzusetzen.

(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das geht Sie gar nichts an!)

Warum tun Sie das nicht? Solange Sie das nicht tun, setzen Sie sich dem Verdacht aus, dass Sie weder aufklären noch der CDU oder vielleicht auch der Bundeskasse bzw. dem Herrn Bundestagspräsidenten diese Gelder wieder zurückverschaffen wollen. Sie wollen nicht aufklären, weil Sie Angst haben, dass die Leute, deren Auskunft Sie in Anspruch nehmen müssten, vielleicht alles sagen, dass diese alles auf den Tisch legen und so noch sehr viel mehr herauskommt als das, was wir schon heute wissen und womit wir uns jede Woche beschäftigen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

Ich habe Frau Merkel am 15. März im Untersuchungsausschuss gefragt: Frau Merkel, haben Sie als Parteivor- sitzende irgendetwas unternommen, um von den drei Herren Weyrauch, Ihrem früheren Steuerberater, Dr. Lüthje, Ihrem damaligen Generalbevollmächtigten in Finanzangelegenheiten, oder Herrn Kiep, Ihrem damaligen Bundesschatzmeister, jeweils die 500 000 Schweizer Franken einzutreiben, die sie für sich vereinnahmt haben, ohne dass sie es durften, die, wie Herr Kiep es selber einmal formuliert hat, die Beute unter sich geteilt haben, die das Geld einfach eingesteckt haben? Daraufhin hat Frau Merkel . das war ihre einzige Antwort . gesagt, sie seien im Prozess, zu überlegen, was zu machen sei. Sie hat hinzugefügt, sie sei gern bereit, uns auf dem Laufenden zu halten; mehr könne sie zu diesem Punkte nicht sagen.

Sie hat auch nicht meine Frage beantwortet: Haben Sie einmal einen Brief geschrieben? . Inzwischen wissen wir, dass viel mehr gewesen ist. Frau Merkel hat am 17. April einen Brief an den Ausschuss geschrieben, in dem sie dem Ausschuss mitgeteilt hat, das Protokoll sei so richtig. Aber sie hat genau das nicht gemacht, was sie versprochen hat, nämlich den Ausschuss darüber zu informieren, dass in der Zwischenzeit erstens Herr Kiep wegen der Gelder einen Brief an sie geschrieben hat und er zweitens 1 Million DM auf ein CDU-Konto überwiesen hat. Sieht so das Aufklärungsbemühen der Frau Merkel aus, ihr Versprechen, dass sie dem Ausschuss mitteilt, was passiert, wenn sich etwas Neues ereignet? Da muss man doch zweifeln.

Da muss man doch die Frage stellen: Hat Frau Merkel im Untersuchungsausschuss die Wahrheit gesagt? Hat sie wirklich alles auf den Tisch gelegt oder hat sie ein kleines bisschen .geschäublet., das heißt, ein bisschen zurückgehalten, was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen wollte?

So ähnlich hat sich Herr Hausmann im Untersuchungsausschuss verhalten, als wir ihm die gleichen Fragen gestellt haben, warum er denn nichts mache, warum er nicht die Unterlagen von Ihrem Bankkonto, von dem Bankkonto der CDU in der Schweiz besorge. Jeder weiß, dass er solche Unterlagen von seiner Bank beziehen kann. Wenn Sie sich an Ihre Filiale wenden, dann bekommenSie die Unterlagen. Wir haben Herrn Hausmann gebeten, die Unterlagen zu besorgen, aus denen sich ergibt, wer 900 000 DM in bar auf das Konto in der Schweiz eingezahlt hat und wer von dem Konto in der Schweiz 1,2 Millionen DM in bar abgehoben hat. Das muss doch auf den Belegen stehen. Wissen Sie, was er uns darauf gesagt bzw. am 12. Oktober 2000 schriftlich mitgeteilt hat? .Nach Auskunft der Bank sind die Belege allerdings nicht mehr vorhanden.. . Am 8. Februar 2001 hat er gesagt: .Weitere Dokumente sind nicht mehr vorhanden..

Vorgestern haben wir aber doch einen ganzen Stoß Unterlagen bekommen. Plötzlich sind sie doch vorhanden. Heute lese ich zu meinem Leidwesen in der .Berliner Zeitung., dass auch diese Unterlagen nicht vollständig sein sollen, dass es noch weitere Dokumente gibt, die offenbar bei der CDU oder bei der Bank sind und uns vorenthalten werden.

So sieht die Aufklärung aus, die die CDU uns darbietet. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie Ihren Ruf wirklich loswerden wollen, wenn Sie den Fluch der bösen Tat von Herrn Kohl und all den anderen loswerden wollen, dann tun Sie was. Sitzen Sie nicht nur rum und sagen Sie nicht alle paar Monate dasselbe, nämlich dass Sie aufge- klärt haben, sondern lassen Sie diesen Worten endlich Aufklärungstaten folgen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)