Wahlkampf 2013

Haltung der Bundesregierung zu möglichen Auswirkungen der Berliner Finanzkrise auf den Bundeshaushalt

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere schöne Stadt, das Land Berlin, wird seit einigen Monaten nicht mehr regiert, sondern täglich werden nur die Finanzlöcher kommentiert und allenfalls verwaltet. Immer wieder steht der Regierende Bürgermeister davor und sagt: Ich habe von nichts gewusst; ich bin nicht informiert worden. - Der Regierende Bürgermeister ist inzwischen eher ein regierender Konkursverwalter; nur, dass er dafür genauso wenig geeignet ist, weil er und seine Partei viel zu sehr in den Berliner Sumpf und den Berliner Filz verwickelt sind. Als Konkursverwalter müsste man seine Funktion eigentlich unabhängig und objektiv wahrnehmen.

(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS])

Der Finanzskandal des Landes Berlin ist ja nicht neu. Bereits vor vier Jahren hat die damalige Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses Michaele Schreyer eine Anfrage an den Senat gerichtet und genau die Fragen gestellt, die man heute mühsam zu beantworten versucht. Damals ist ihr auf die Frage, welche Zahlungsprobleme bei der Berliner Bankgesellschaft vorhanden seien, gesagt worden: keine Probleme. Auch vonseiten der SPD sind 1997 ganz konkrete Fragen nach den Finanzen und Zuschüssen der Wohnungsbaugesellschaft Aubis gestellt worden. Auch in diesem Zusammenhang wurde gesagt: keine Probleme vorhanden. Der Regierende Bürgermeister will uns erzählen, er habe nichts davon gewusst, was seine Senatoren damals geantwortet haben und was seine Mitarbeiter, Fraktionskollegen und auch die Abgeordneten der SPD in den Aufsichtsräten der Banken erfahren haben.

Der Berliner Sumpf ist sprichwörtlich; er kann nicht dadurch ausgetrocknet werden, dass von der Bundesebene Geld gefordert wird. Herr Senator, der Berliner Sumpf kann aber auch nicht dadurch ausgetrocknet werden, dass man neue Kredite aufnimmt und dafür jedes Jahr etwas mehr - 200 oder 300 Millionen DM - Zinsen zahlt. Denn wer zahlt denn diese Zinsen? Das sind die Steuer-zahler, egal ob das Geld von Berlin oder vom Bund aufgebracht wird. Es betrifft in jedem Fall die Menschen in Berlin, denen klargemacht werden muss, dass es bei den Kindergärten erneut Einschränkungen geben wird, dass bei den Schulen keine ausreichende Ausstattung und für die Verkehrspolitik kein Geld vorhanden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Irgendwo müssen Sie das Geld ja hernehmen.

Es kann doch nicht wahr sein, dass Berlin Geld aufnimmt, um damit für Herrn Landowsky, der inzwischen ein Fall für den Staatsanwalt geworden ist, jedes Jahr 700 000 Mark zu zahlen, die er aus seiner Stellung bei der Bankgesellschaft Berlin bezieht.

(Beifall bei der PDS)

Es kann doch nicht wahr sein, dass für diesen Zweck das Geld von denen genommen wird, die auf Unterstützung angewiesen sind, weil sie für den Kindergarten- oder Schulbesuch das Geld nicht selber aufbringen können. Sie müssen unter dieser Politik leiden.

Vor ein paar Tagen konnte man in der "Berliner Zeitung" lesen, dass 19 große Villen den Vorstandsmitgliedern der Bankgesellschaft zu Dumpingmieten zur Verfügung gestellt werden. Verkaufen Sie diese Grundstücke und sanieren Sie damit die Bank! Streichen Sie das Gehalt, das Herr Landowsky nachträglich für das Nichtstun in den nächsten Jahren bekommen soll! Damit können Sie wenigstens einen Anfang machen, um den Haushalt zu sanieren und das wieder gutzumachen, was Sie angerichtet haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Im Bereich der Entwicklungspolitik verlangen wir von den Regierungen anderer Staaten in Afrika, Asien, Lateinamerika oder sonst wo auf der Welt als erste Voraussetzung für die Leistung von Aufbau- und Finanzhilfe, dass sie Good Governance, das heißt eine Regierung, die einigermaßen vernünftig mit Geld umgeht, vorweisen, in der es keine Bestechung, keine Verfilzung und keine Pleiten gibt. Dieselben Anforderungen müssen wir an das Land Berlin stellen. Wenn Berlin fragt: "Hast Du mal ’ne Milliarde?", dann können wir nur sagen: Aus der Bundeskasse keine Mark für diesen Senat!

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Die Alternative zu diesem Senat versuchen wir jetzt in Berlin möglich zu machen. Wir brauchen einen Neuanfang. Wir brauchen das Votum der Wählerinnen und Wähler, der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denen das alles gehört, die aber immer wieder nur draufzahlen sollen. Sie müssen jetzt zur Urne gerufen werden. Sie müssen jetzt sagen, dass sie Neuwahlen in Berlin wollen, Neuwahlen für einen anderen Senat, für eine andere Regierung.

Auf diesem Wege wünschen wir unserer Stadt viel Glück. Wir werden mithelfen, dass dieser Weg erfolgreich gegangen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS - Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Kein Wort zum Bundeshaushalt, Herr Ströbele! Wir sind doch nicht das Berliner Abgeordnetenhaus!)

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