Wahlkampf 2013

Sicherung der Pressefreiheit

06.07.2001: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung: Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist ein gutes Gesetz, das wir jetzt verabschieden: gut für die Pressefreiheit und gut für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten, weil sie und die Redak- tionen jetzt sicher sein können, dass auch ihr selbst recherchiertes Material für die Justiz weitgehend tabu ist und bleibt. Dieses Material ist in Zukunft überwiegend geschützt vor Durchsuchungen und Beschlagnahme durch die Ermittlungsbehörden. Die Journalisten müssen über das von ihnen Recherchierte vor Gericht nicht aussagen. Sie haben nach diesem Gesetz ein Zeugnisverweigerungsrecht. Damit wird das Vertrauen nicht nur der Informanten, sondern der ganzen Bevölkerung in die Arbeit und Verschwiegenheit der Medien und der Journalisten wirksam gestärkt. Das ist auch gut für die Demokratie, denn die vierte Gewalt wird geschützt.

Lange haben wir Bündnisgrünen uns für eine solche Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten der Journalistinnen und Journalisten gemeinsam mit Journalistenvereinigungen, Redaktionen und Verlagen eingesetzt. Ich will kein Hehl daraus machen, dass unsere Vorstellungen und Vorentwürfe aus Oppositionszeiten weiter gehende Regelungen mit noch mehr Sicherheit für die Journalisten und Medien vorgesehen hatten, etwa, dass in allen Fällen ohne jede Einschränkung auch selbst recherchiertes Material ganz beschlagnahmefrei sein sollte oder ein Verwertungsverbot für solches Material besteht, wenn sich später ein zunächst angenommener Tatverdacht nicht be- stätigen lässt.

Aber wir mussten feststellen, dass nicht alles umsetz- bar war. Das lag nicht nur an einem uneinsichtigen Koalitionspartner. Es gab auch objektiv wichtige Gründe, die dagegen gesprochen haben. So wäre es schwer, zu rechtfertigen, wenn ein Verbrechen wie Mord und Vergewaltigung, nicht aufgeklärt werden kann, weil ein Journalist, der selbst etwas zu dem Verbrechen herausgefunden hat, nicht aussagen muss und von ihm zusammengestelltes Material vom Gericht nicht genutzt werden kann.

Auch deshalb haben wir Kompromisse geschlossen. Die Kompromisse können sich aber gut sehen lassen. Bei Verbrechen gilt das neue Zeugnisverweigerungsrecht nicht und Material, das zur Aufklärung von Verbrechen dienen kann, kann auch vom Gericht genutzt werden, wenn anders kein Ermittlungserfolg möglich ist. Nur wenn es um Verbrechen geht, gilt das; nicht bei Vergehen oder Übertretungen strafrechtlicher Vorschriften. Nur dann müssen die Journalistenrechte ausnahmsweise zurücktreten. Damit gehen die in unserem Gesetz gefun- denen Regelungen weiter, als dies von Journalistenverbänden vorgeschlagen wurde. Auch die F.D.P. bleibt mit ihrer Katalogregelung hinter unseren Ergebnissen zurück.

Journalistenverbände haben in den vergangenen Jahren zu Recht kritisiert, dass Strafverfolgungsbehörden mehr- fach die Tätigkeit von Medienschaffenden behindert, Re- daktionen durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt hat- ten. Die rot-grüne Koalition weitet nun den Schutz vor solchen Behinderungen aus. Außerdem wird der Kreis der Berechtigten, in Strafverfahren die Zeugenaussage zu verweigern, auf die an Herstellung und Vertrieb von Büchern und Filmen Beteiligten erweitert.

Werden Journalisten verdächtigt, selbst an einem Delikt beteiligt zu sein oder dieses zu begünstigen, kann wie bisher beweiswichtiges Material beschlagnahmt werden.