Die Rede des Papstes im Bundestag ist unangemessen
23.09.2011: Christian Ströbele zum Papst-Besuch im Bundestag
Herr Ratzinger darf natürlich sein Heimatland Deutschland jederzeit gern besuchen. Als Papst kann er auch in Deutschland Messen feiern wo er will - auf der Wiese, in einer Kirche oder auch im Olympiastadion. Jedoch sollte er nicht im Deutschen Bundestag reden. Denn das ist doch gedacht als ganz besondere Ehrung des Redners. Aber dieser Heilige Vater vertritt Auffassungen, die politisch unverantwortlich und gefährlich sind. Er hat ja selbst den beharrlichen Holocaust-Leugner Williamson und 3 weitere reaktionäre Pius-Brüder rehabilitiert. Der Papst verunglimpft Schwule und Lesben, behindert Kondom-Gebrauch, Familienplanung in Afrika, die für Arme verdienstvolle Tätigkeit der lateinamerikanischen Kirche der Befreiung. Ab 1981 stand er energisch der katholischen sogenannten Glaubens-Kongregation vor, also der Nachfolge-Organisation der mittelalterlichen Inquisition gegen Glaubensabweichler. Dieser Heilige Vater befürwortet er Exorzismus, also Teufelsaustreibung.
Mit der Trennung von Staat und Kirche im Grundgesetz ist unvereinbar, einen Kirchenführer im deutschen Parlament zu ehren. Die Darstellung, der Papst werde nichts als Kirchenführer, sondern als Vertreter des Vatikanstaats (mit knapp 1000 Bürgern) empfangen und geehrt, ist eine nachgeschobene Schutzbehauptung, zumal der Bundestag in der Vergangenheit das Ansinnen weit bedeutenderer Staaten nach Ansprachen ihrer Oberhäupter in unserem Parlament ablehnte.
Die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen hat im Ältestenrat des Bundestag dem dortigen Besuch des Papstes nicht zugestimmt. Die anderen Fraktionen haben ihn eingeladen.
Anders als nun behauptet sind die Abgeordneten des Bundestages noch nicht einmal verpflichtet, an allen parlamentarischen Sitzungen teilzunehmen. Zudem handelt es sich bei der heutigen Feierstunde im Plenum des Bundestag nicht um eine Sitzung des Parlaments. Die nächste Sitzung ist erst für morgen früh um 9 Uhr einberufen.
Ich selbst habe i.ü. aus politischen Gründen in der Vergangenheit bei Ansprachen des früheren US-Präsidenten George Bush und des russischen Ex-Präsidenten Wladimir Putin den Plenarsaal des Bundestages aus Protest verlassen."
INTERVIEWS:
Deutschlandfunk 22.9.2011 / 8:20 www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1560710/ Der Papst "vertritt Auffassungen, die völlig unmöglich sind"
Deutschlandradio Kultur 20.9.2011 /14:07 www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1559267/ Papst-Rede im Bundestag ist "unangemessene Ehrung"