Wahlkampf 2013

Einsatz militärischer Mittel im Inneren: Das Bundesverfassungsgericht weist einen riskanten Weg

17.08.2012: Wie heute bekannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht den Einsatz der Bundeswehr im Inneren in Ausnahmefällen erlaubt. Dazu äußert sich der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele in einer Presseerklärung.

Zur Plenarentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren im Rahmen des Luftsicherheitsgesetzes erklärt der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele:

Das Bundesverfassungsgericht weist einen riskanten Weg, indem es den Einsatz militärischer Mittel im Inneren auch bei Unglücksfällen und Katastrophen zulässt. Das Gericht hat jetzt nicht darüber entschieden, ob der Abschuss von Passagierflugzeugen, die entführt wurden und auf eine Menschenmenge abzustürzen drohen, durch die Bundeswehr in Zukunft zulässig ist. Es bleibt also bei der Entscheidung des Gerichts vom Februar 2006, wonach eine solche Regelung des Luftsicherheitsgesetzes verfassungswidrig und nichtig ist. Das ist gut so, denn diese Regelung verletzt das Grundrecht auf Leben und ist mit dem Schutz der Menschenwürde unvereinbar. Die Entscheidung des Gerichts lässt aber die Verwendung spezifisch militärischer Waffen und Kampfmittel bei Bundeswehreinsätzen im Inland zu. Dies gilt ausdrücklich auch für Einsätze bei Katastrophen und besonders schweren Unglücksfällen, wenn auch nur unter sehr starken Beschränkungen und bei Ereignissen katastrophischen Ausmaßes. Wenn aber überhaupt militärische Kampfmittel eingesetzt werden dürfen, wird das bisherigeTabu durchbrochen. Es besteht die Gefahr, dass in der Turbulenz von Einsätzen im Inland die vom Gericht gewollten Schranken vernachlässigt und in Zukunft die Beschränkungen immer mehr reduziert werden . Das Gericht sieht dieses Problem wohl auch, denn es betont, dass Gefahren, die aus oder von einer demonstrierenden Menschenmenge drohen, solche Einsätze der Bundeswehr nicht rechtfertigt. Aber gerade, weil Politiker aus der Union den Einsatz der Bundeswehr bei Großdemonstrationen oder zur Gefahrenabwehr im Inneren immer wieder gefordert haben, muss befürchtet werden, dass die Schranken nicht halten, wenn solche Forderungen Erfolg haben. Dann gibt es kein Halten mehr. Deshalb ist es jetzt, wo die Forderungen keineswegs vom Tisch sind, besonders gefährlich, am Tabu des Verbots der Verwendung militärischer Kampfmittel durch die Bundeswehr im Inneren zu rütteln. Das könnte zur Gefahr für die Demonstrationsfreiheit und die Demokratie werden. Einsätze in anderen Ländern mit spezifisch militärischen Waffen im Inneren sollten uns Warnung genug sein. Die Entscheidung des Gericht enthält Positives. Die Zuständigkeit der Bundes für Regelungen der Gefahrenabwehr im Luftverkehr wird festgeschrieben. Vor allem darf in Zukunft nicht der Bundesverteidigungsminister oder gar der Generalinspekteur der Bundeswehr Einsätze des Militärs im Inneren anordnen, sondern nur die Bundesregierung als Ganzes.