Wahlkampf 2013

Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren: Belange der Verfahrensbeteiligten nicht aus dem Blick verlieren

31.08.2016: Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen beschlossen. Hans-Christian Ströbele kommentiert diesen Beschluss folgendermaßen:

"Es ist zunächst ein Fortschritt, wenn Gerichtsverfahren und -entscheidungen für die Öffentlichkeit und die Medien zugänglicher und transparenter werden. Gerade in Prozessen mit großem öffentlichem und medialem Interesse, wie dem NSU-Prozess, ist es sinnvoll, mündliche Verhandlung und Urteilsverkündung in einen gesonderten Raum für Medienvertreter zu übertragen.

Allerdings versäumt der Vorschlag aus dem Bundesjustizministerium sicherzustellen, dass hierbei die schutzbedürftigen Belange aller Verfahrensbeteiligten umfassend gewahrt werden, indem es die Entscheidung ohne Einbeziehung von Verteidigung, Angeklagten und Zeugen unanfechtbar dem Gericht überlässt. Das gilt gleichermaßen bei Fernseh- und Filmaufnahmen der Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Hier muss außerdem durch die möglichen Auflagen - z.B. keine Aufnahmen der Angeklagten zu machen- garantiert werden, dass der Umgang mit den schutzwürdigen Rechten der Verfahrensbeteiligten nicht den Medienvertretern überlassen wird.

Die Regelung zur audio-visuellen Dokumentation von Gerichtsverfahren bleibt halbherzig. Es sollen - für wissenschaftliche Zwecke - nur Verfahren von "herausragender zeitgeschichtlicher" Bedeutung aufgezeichnet werden können. Offen bleibt, wann eine solche herausragende Bedeutung anzunehmen ist - Kriterien hierfür werden nicht genannt. Zudem wird die Verteidigung Wege finden, sich Zugang zu solchen Beweismitteln zu verschaffen und die langen Schutzfristen zu umgehen.

Sinnvoller wäre gewesen, die audiovisuelle Dokumentation der Hauptverhandlung nur für "interne" Nutzung durch Gericht und Verteidigung, nicht etwa zur Veröffentlichung, grundsätzlich zuzulassen. Nur so kann Beweisstoff umfassend gesichert und Streit z.B. über den Inhalt von Aussagen vermieden werden. Die Verbesserungen der Kommunikationshilfen für Hör- und sprachbehinderte Personen sind ausdrücklich zu begrüßen."