Wahlkampf 2013

Investitionsbeihilfen für Leuna/Minol

18.04.2002: Rede zur Beratung des Antrags: Untätigkeit der Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission im Hinblick auf den Abschluss des Hauptprüfverfahrens in Sachen Investitionsbeihilfen für Leuna/Minol

Die Antragsteller sind fast alle Kollegen und Kolleginnen aus der Union, die mit mir im Spendenuntersuchungsausschuss sitzen. Das macht misstrauisch. Ihre Absicht ist durchsichtig: Sie wollen mal wieder dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Kohl beispringen und der Bundesregierung Untätigkeit und Beteiligung an einer Verleumdungskampagne" vorwerfen. Angeblich soll sie den Abschluss eines Prüfverfahrens von Subventionen verzögern, die bei der Privatisierung von Leuna und Minol gezahlt wurden. Hätte sie aber schon zugestimmt, hätten Sie behauptet, was wir im Ausschuss noch klären wollen, sei schon geklärt und uns ginge es nur noch um Rufmord gegen Dr. Kohl. Nein, die Bundesregierung und auch die EU-Kommission tun gut daran, den Bericht unseres Untersuchungsausschusses abzuwarten, bevor weitere Schritte erfolgen. Schließlich geht es bei den zu prüfenden Subventionen um Steuergelder in beträchtlicher Höhe, nämlich mehr als Milliarde DM. Die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass gründlich geprüft wird, wenn es um den Verdacht von krimineller Subventionserschleichung geht. Unser Abschlussbericht wird hierzu die gesammelten Daten und Fakten zusammenstellen. Vielleicht ist es das, was Sie fürchten. Das wollen Sie offensichtlich nicht abwarten. Verdachtsmomente, die jede Bundesregierung zu einer Prüfung geradezu verpflichten, sind: Erstens. Akten zum Privatisierungsvorgang Leuna/Minol aus der Zeit der Kanzlerschaft von Dr. Kohl sind spurlos verschwunden. Auch Aktenkopien sind nicht mehr da. Soweit überhaupt schriftliche Unterlagen vorhanden sind, sind diese lückenhaft. Viele Papiere sind den Untersuchungsausschüssen der 12. und 13. Wahlperiode von der Kohl-Regierung vorenthalten worden. Es ist auch nicht mehr nachvollziehbar, was dem Parlament überhaupt vorgelegt wurde. Zweitens. Ein zweistelliger Millionenbetrag ist seit Beginn der 90er-Jahre versteckt an die CDU und hohe Funktionsträger dieser Regierungspartei bzw. an Bundeskanzler Dr. Kohl geflossen. Die Herkunft dieser Gelder ist ungeklärt. Dr. Kohl behauptet, es waren Spenden. Aber stimmt das? Er sagt nicht, von wem die Spenden stammten. Die CDU hat mindestens seit Beginn der 80er-Jahre mysteriöse Konten, Schließfächer und Stiftungen mit so wohlklingenden Phantasienamen wie "Zaunkönig" in der Schweiz unterhalten, über die Gelder in Millionenhöhe abgewickelt wurden, ohne dass die Herkunft der Gelder geklärt wurde. Beteiligt hieran waren die ehrenwertesten Kreise der CDU wie Ihr Bundesschatzmeister himself. Der war übrigens auch im Rahmen der Privatisierung von Leuna/Minol höchst aktiv. Könnte es Zusammenhänge geben zwischen Schweizer Konten und Geschäften? Waren es Einflussspenden? Drittens. Des Weiteren ist Ihr ehemaliger Staatssekretär Dr. Pfahls zu nennen. Bei der Leuna/Minol-Privatisierung soll Herr Dr. Pfahls auch dabei gewesen sein, nicht nur bei dem Fuchs-Panzergeschäft, das den Ausschuss beschäftigt. Nach seinem Ausscheiden beim Bundesministerium der Verteidigung im April 1992 begann er seine Lobby-Tätigkeit für Elf Aquitaine. Inzwischen ist er in Augsburg der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung angeklagt. Seit April 1999 ist er untergetaucht. Aus Unterlagen aus der Schweiz ist ersichtlich, dass auf Konten in Luxemburg, deren wirtschaftlich Berechtigter Dr. Pfahls war, in den letzten Jahren 1992 bis 1995 circa 13 Millionen DM und 8,5 Millionen FF aus den Elf-Zahlungen geflossen sind. Viertens ist noch der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Dr. Friedrichs anzuführen. Dieser war International Advisor der Investmentbank Goldmann und Sachs, just jener Bank also, die das Ausschreibungsverfahren für Leuna/Minol maßgeblich gestaltete. Gleichzeitig war er zunächst gegen ein monatliches Honorar von 50 000 DM für Elf Aquitaine tätig, für das Unternehmen also, welches bei der - von Goldmann und Sachs gestalteten - Verkaufsausschreibung von Leuna/Minol schließlich den Zuschlag erhielt. Überdies war er Aufsichtsratsvorsitzender der beiden Unternehmen, Leuna und Minol, die - wer mag hier noch an Zufall glauben? - an Elf Aquitaine verkauft wurden. Fünftens. Es gibt Aussagen der ehemaligen Gewaltigen von Elf Aquitaine wie des damaligen Präsidenten Le Floch Prigent über Zahlungen an die CDU. Le Floch Prigent spricht in seiner Vernehmung am 22. August 2000 von so genannten "Lobbying-Maßnahmen", Schmiergelder also, um 2 Milliarden DM an Subventionen von der EU, vom Bund und den Ländern zu erreichen. Leider war Herr P. nicht bereit, seine Aussage vor einem deutschen Untersuchungsausschuss zu wiederholen. Sechstens. Auch der Generalbundesanwalt stellt einen wirren Kreislauf von Geldtransaktionen in Höhe von 256 Millionen FF aus Quellen von Elf Aquitaine ohne erkennbaren realen wirtschaftlichen Hintergrund fest. Und 11 Millionen DM sind in bar geflossen. Warum das, wenn es doch nichts zu verbergen gibt? Das sind genug Gründe nachzufragen und zu prüfen, wie dies die Bundesregierung macht. Ihnen geht es auch nicht um den Standort Leuna, Ihnen geht es darum, endlich Schluss zu machen mit "dieser ganzen Aufklärerei", die für Ihre Partei und Ihren ehemaligen Ehrenvorsitzenden so unangenehm ist. Dafür ist Ihnen fast jedes Mittel recht. Deshalb zum Schluss mein Rat: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück und helfen Sie bei der Aufklärung von Herkunft und Verbleib der CDU-Gelder.