Wahlkampf 2013

Weitere kleine Anfrage bez. der Sarnierung des Landwehrkanals und des Baumschutzes

25.07.2007: Drucksache 16/6144

Baumfällungen und Sanierung an der Bundeswasserstraße Landwehrkanal in Berlin

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass bereits im Sommer 1974 die damals zuständige Wasserstraßenaufsicht ca. 30 alte Bäume am Berliner Landwehrkanal - vor allem an der Corneliusbrücke - absägen lassen und eine neue Uferbefestigung erstellen wollte mit der Begründung, das Absägen der Bäume sei zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig, dass aber nach langem Widerstand einer Bürgerinitiative von Künstlern (unter diesen insbesondere Ben Wargin), Bürgerinnen und Bürgern sowie Politikern diese Pläne nicht realisiert wurden ?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, was aus den Bäumen geworden ist, die 1974 zur an-geblichen Gefahrenabwehr zum Absägen vorgesehen waren, wie viel von diesen noch heute - nach 33 Jahren - stehen und wie die angebliche Gefahr seinerzeit beseitigt wurde ?

3. Hält die Bundesregierung trotz dieser Erfahrung an der Auffassung fest, dass die Fäl-lung der 38 Bäume am Landwehrkanal in diesem Jahr unabweisbar notwendig war ?

4. Oder teilt die Bundesregierung die vom Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirekti-on Ost, Herr Menzel, auf der Bürgerversammlung im Rathaus Kreuzberg-Friedrichshain am 30. Juni 2007 geäußerte Auffassung, wonach es möglich sei, die angenommene Gefahr durch Maßnahmen wie Abstützen, Abspannen der Bäume oder Absperren zu beseitigen ?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten des Wasser- und Schifffahrtsamtes Berlin (WSA) und von dessen Leiter, Herrn Brockelmann, am Morgen des 5. Juli 2007 mit den Ver-tretern der Bürgerintiative "Rettet die Bäume am Landwehrkanal" und des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg im Rathaus Kreuzberg zusammenzusitzen und über Maßnahmen zur Vermeidung des Fällens, über Erhalt und Sicherung von angeblich gefährlichen Bäume am Landwehrkanal, insbesondere am Standort süd-östlich Waterloobrücke (Gaststätte "Brachvogel"), zu beraten und zu verhandeln, während das WSA gleichzeitig unangekündigt vollendete Tatsachen schaffen ließ und durch mehrere beauftragte Firmen unterstützt von 150 Polizeibeamten beginnen ließ, 22 Bäume am Landwehrkanal (auch die o.g. an der Gaststätte "Brachvogel) abzusägen?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dieses Verhalten geeignet war, die Ver-handlungsatmosphäre nachhaltig zu stören und die Vertrauensbasis zu zerstören, so dass die Vertreter der Bürgerinitiative und des Bezirksamtes Grund hatten, die Verhandlung abzubre-chen, als sie hiervon erfuhren ? Falls nein: warum nicht?

7. a) Teilt die Bundesregierung auch die Auffassung, dass der Erklärungsversuch, den das WSA in einer Presserklärung Tage nach dem 5. Juli 2007 verbreitet hat, das Absägen der Bäume sei erst um 10.15 Uhr am Morgen des 5. Juli 2007 angeordnet worden, nachdem um 10.00 Uhr die Verhandlungen gescheitert gewesen sein sollen, angesichts einer Mobilisie-rungszeit für die 150 Polizeibeamten und eines Beauftragungsvorlaufs für die Baumfäll-Unternehmen von mehreren Tagen nicht nachvollziehbar ist ? b) Wann genau beauftragte das WSA die betreffenden Unternehmen mit dem Absägen jener Bäume? c) Wann genau veranlasste das WSA, die eingesetzten Polizisten zum Schutz der Sägearbeiten hinzuziehen?

8. Welche organisatorischen und personellen Konsequenzen sollen nach Auffassung der Bun-desregierung aus diesem Handeln des WSA und seines Leiters gezogen werden, um das not-wendige Vertrauen der Bevölkerung in diesen Teil der Bundesverwaltung wiederherzustellen und eine Basis für die notwendige Kooperation bei der Entwicklung und Umsetzung des Sa-nierungskonzeptes für den Landwehrkanal zu schaffen ?

9. In welchen Jahren hat das WSA die Uferbefestigungen des Landwehrkanals in Berlin seit Übernahme der Verantwortung durch den Bund überprüft, an welchen Abschnitten des Ka-nals und mit je welchem Ergebnis ?

10. Wie sind die Antworten der Bundesregierung vom 10. Juli 2007 auf die Kleine Anfrage unserer Fraktion vom 26. Juni 2007 zu Fragen 9, 10, 11 zu verstehen: Wurden die Baumbesei-tigungen nur "zunächst" eingestellt und müssen weitere Bäume "zur Gefahrenabwehr oder zu dauerhaften Sanierung gefällt werden", oder sind über die bisher gefällten 38 Bäume "hinaus weitere Fällungen nicht vorgesehen" ?

11. Wo sind die bisher vom WSA versprochenen je fünf Ersatzpflanzungen für jeden beseitig-ten Baum bereits vorgenommen worden ? Oder wo genau sind diese insgesamt 190 Ersatz-pflanzungen welcher Baumarten vorgesehen ?

12. a) Wann wurde nach Kenntnis der Bundesregierung begonnen, wie in der Bürgerver-sammlung vom 30. Juni 2007 und in den folgenden Verhandlungen von den Vertretern des WSA zugesagt, die erforderlichen Stütz- und Abspannmaßnahmen an den angeblich gefähr-denden Bäumen vorzunehmen ? b) An welchen Bäumen wurden inzwischen je welche Sicherungsmaßnahmen wann vorge-nommen ?

13. Ist die Bundesregierung bereit und gewillt, ggf. wie und ab wann a) die Öffentlichkeit über ein Sanierungskonzept für die Kanalbefestigungen, wenn dieses vorliegt, frühzeitig, umfassend und aktuell zu unterrichten? b) eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Ausgestaltung von Sanierungsmaß-nahmen zu ermöglichen, wie dies der Staatsekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Hennerkes, in Aussicht stellte ?

14. Wieviel Bundeshaushaltsmittel sind für das WSA Berlin a) in den Haushaltsjahren 2000 bis 2006 je verausgabt worden? b) als Soll für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 je angesetzt ?

15. Welchen Anteil machen innerhalb vorstehend erfragter Beträge jeweils die Personalkosten (laufende Bezüge und Versorgung) absolut und prozentual aus?

16. Wie hoch ist jeweils der prozentuale Personalkostenanteil a) aller anderen Wasser- und Schifffahrtsämtern ? b) im Durchschnitt aller Bundesunterbehörden wie dem WSA Berlin?

17. Welche Rangstelle nimmt das WSA Berlin ein, wenn man es vergleicht a) nach dem jeweiligen prozentualen Personalkostenanteil : aa) mit allen anderen Wasser- und Schifffahrtsämtern? bb) mit allen anderen Bundesunterbehörden? b) mit allen anderen Wasser- und Schifffahrtsämtern aa) nach der Anzahl der Beschäftigten ? bb) nach der Zuständigkeit für Länge von Wasserstraßen? cc) nach der Anzahl der Beschäftigten pro zuständig betreuten Wasserstraßen-Kilometer?

18. a) Trifft es zu, dass das WSA Berlin nach eigenen Angaben für nur rd. 400 km Wasser-straße zuständig ist, derzeit dazu aber 538 Mitarbeiter beschäftigt, also 1,35 Mitarbeiter für jeden betreuten Wasserstraßen-Kilometer benötigt ? b) Hält die Bundesregierung dies für einen anzustrebenden Koeffizienten ?

19. Welche Empfehlungen zur Neustrukturierung und personellen Ausstattung u.a. des WSA Berlin gaben die vom Bundesministerium für Verkehr, Baus und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) beauftragten externen Or-ganisationsberater ab, etwa das Beratungsunternehmen ISA Consult in ihrer 2005 vorgestell-ten Studie "Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsprozessoptimierung" der WSV"?

20. Welche Beanstandungen des Bundesrechnungshofs an der Haushaltsführung oder Tätig-keit des WSA Berlin sind der Bundesregierung im einzelnen bekannt beworden, seit der Bund für die Berliner Wasserstraßen zuständig wurde? (bitte vollständig aufzählen mit jeweiligem Schadenvolumen)

21. Inwiefern trifft es zu, dass der Bundesrechnungshof unter anderem rügte, dass das WSA Berlin einst teure Wasserfahrzeuge beschaffte, obwohl ihm eine vorgesetzte Stelle den An-kauf vorher ausdrücklich untersagt hatte? Wie stellte sich dieses für eine Bundesbehörde be-fremdliche Agieren im einzelnen dar?

22. Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung kurz- und mittelfristig ergreifen, um die seit Jahren erkennbare sowie durch die erwartbaren Antworten zu vorstehenden Fragen 14 bis 21 nochmals veranschaulichte personelle Überbesetzung, Ineffizienz und Inkompetenz des WSA Berlin nachhaltig zu beseitigen?