Wahlkampf 2013

Ströbele: Warum ich den Syrien-Einsatz der Bundeswehr ablehne

02.12.2015: n-tv.de: Im Interview mit n-tv erklärt er, warum er im Bundestag gegen den Einsatz stimmen wird.

n-tv.de: Herr Ströbele, das Kabinett hat heute dem Syrien-Einsatz der Bundeswehr zugestimmt, Sie sind dagegen. Das Ganze muss durch den Bundestag - Sie werden mit "Nein" stimmen. Warum?

Ströbele: Weil dieser Einsatz falsch ist, politisch und militärisch, und weil er brandgefährlich ist. Damit tritt Deutschland offiziell in den Krieg in Syrien ein. Vor allen Dingen ist der Einsatz kontraproduktiv, weil dadurch, dass immer mehr zivile Opfer getroffen werden, auch der Hass, die Wut bei den vielen Leuten, die auf dem Sprung zum IS sind, geschürt wird. Das heißt, es wird nicht weniger, sondern mehr IS-Kämpfer geben. Das zeigt die Erfahrung in Afghanistan, das zeigen die Situation und der Krieg im Irak. Doch offenbar will niemand in der Bundesregierung daraus lernen.

n-tv.de: Aber Frankreich wurde von massiven Terrorangriffen erschüttert, das hat uns alle sehr bewegt Und die Welt und auch Deutschland muss sich solidarisch zeigen mit Frankreich. Sehen Sie das nicht so?

Ströbele: Das sehe ich genauso, natürlich müssen wir solidarisch sein mit Frankreich. Diese grauenhaften Anschläge sind aber nicht von Syrien aus durchgeführt worden. Das waren alles Leute, die in Frankreich oder Belgien zu Hause waren, die da gelebt haben, die dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sind. Das heisst, indem wir jetzt in Syrien bombardieren, werden wir solche Anschläge in Frankreich und auch in anderen Ländern, übrigens auch in Deutschland, nicht verhindern können, sondern da müssen andere Maßnahmen getroffen werden. Solidarität ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt, ich habe mich immer dafür stark gemacht. Aber das kann nicht heißen, dass man allein aus Solidarität in einen militärisch falschen Einsatz geht. Zu diesem Einsatz fehlt auch jede Planung. Keiner weiß genau, was da erreicht werden soll Keiner kann sagen, wie lange das dauert: ein Jahr, fünf Jahre, 10, 20 Jahre - das ist alles völlig offen. Die Erfahrung zeigt, dass man, wenn man in einen Krieg reingeht, nur ganz schwer oder überhaupt nicht mehr rauskommt.

n-tv.de: Nun ist aber die Stätte des IS-Terrors in Syrien und im Irak. Was muss man denn tun, um den IS von dort zu vertreiben? Sie sagen, militärisch geht es nicht, was kann man dann tun?

Ströbele: Es sind sich alle darüber einig, dass man den IS mit Luftangriffen nicht besiegen kann, auch militärisch nicht. Man muss sehen, dass das eine riesige Bewegung ist. Selbst wenn man in ar-Raqqa jetzt etwa mit Bodentruppen einmarschieren würde, wird es die IS-Kämpfer weiter geben. Die gehen dann in die Nachbarländer, nach Jordanien, Libanon, Tunesien, Algerien. Das heißt, so stärkt man den IS nur immer weiter , und die Bekämpfung wird immer schwieriger. Nein, stattdessen muss man es versuchen mit den Maßnahmen, die sich schon aufdrängen: z.B. dass man die Ölausfuhr des IS stoppt. Denn daraus finanziert sich der IS ja ganz zentral. Und man muss die Finanzzuwendungen an den IS aus den Golfstaaten konsequent kappen. Das hätte man schon seit Jahren, aber mindestens in den letzten Monaten tun sollen. Das hat man bisher leider nicht getan aus allen möglichen, auch aus ideologischen Gründen. Diese Fehler muss man korrigieren. Und dann muss man sehen, was das bewirkt und welche weiteren Maßnahmen man als nächste ergreift.

Das Video des Interviews finden Sie hier.