Wahlkampf 2013

Amnestie 2000

25.09.1999: Initiative für eine Amnestie im Januar 2000

Amnestie 2000

Allgemeine Jubiläumsamnestie zur Jahrtausendwende und zum Jubiläum von Demokratie und Grundrechten in Deutschland

Die parlamentarische Demokratie ist nach 50 Jahren so gefestigt, daß die Bundesrepublik Deutschland die zusammenfallenden Jubiläen:

  • die Grundrechte gelten in Deutschland seit einem halben Jahrhundert,
  • die Mauer ist vor 10 Jahren gefallen und
  • seit der Geburt Christi sind 2000 Jahre vergangen

mit einer großzügigen Amnestie begehen kann.

Zum 1. Januar 2000 werden alle durch deutsche Gerichte bis zum 1. September 1999 rechtskräftig verhängten und noch nicht vollstreckten Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und Geldstrafen erlassen. Längere Freiheitsstrafen werden halbiert.

Zehntausende von Gefangenen werden zum neuen Jahrtausend aus der Haft entlassen, erhalten eine neue Lebenschance. Viele werden nicht nur in der Lage sein, ihre Familie zu unterhalten, sondern auch Schaden wiedergutzumachen, den sie durch die Straftat verursacht haben.

Ausgenommen von der Amnestie sind zum Schutze der Bevölkerung solche StraftäterInnen, bei denen auf Grund konkreter Tatsachen die Gefahr anzunehmen ist, daß sie in Zukunft Leben, Gesundheit und/oder die Würde von Menschen verletzen.

Diese Feststellung soll der Vollstreckungsbehörde obliegen, aber auf Antrag gerichtlich überprüft werden können.

Amnestien sind in vielen Ländern, auch in demokratischen Rechtsstaaten Westeuropas, guter Brauch und werden zu besonderen Anlässen wie Jubiläen und Gedenktagen gewährt.

In Italien gab es seit dem Krieg mehrere Dutzend Amnestien.

Auch in Frankreich wird häufig amnestiert. So werden zu Beginn der Amtszeit jedes neuen Staatspräsidenten sogenannte Jubelamnestien oder zum Gedenken an die französische Revolution und den Sturm auf die Bastille regelmäßig allgemeine Amnestien verkündet.

In Österreich wird seit 1955 alle zehn Jahre zum Tag der neuen Unabhängigkeit des Landes eine allgemeine Amnestie gewährt.

Auch in Deutschland gab es in der Weimarer Republik zahlreiche Amnestien.

Nur in der Bundesrepublik Deutschland sind Amnestien in Vergessenheit geraten. Das letzte Gesetz für eine allgemeine Amnestie trat im Juli 1954, also vor 45 Jahren, in Kraft.

Amnestie ist kein Zeichen von Schwäche. Ganz im Gegenteil. Mit der großzügigen Gewährung von Straffreiheit käme heute zum Ausdruck, die staatliche Ordnung und die Demokratie sind in Deutschland inzwischen so gefestigt, daß Staat und Gesellschaft aus besonderem Anlaß auf die Strafvollstreckung verzichten können.

Die Einhaltung der Rechtsordnung ist durch andere Mittel gesichert, und die Prävention von Straftaten durch anderes als Strafrecht ausreichend garantiert.

Vor 50 Jahren wurden die Grundrechte auf Würde des Menschen und individuelle Freiheit in das Grundgesetz geschrieben. Seither sind sie geltendes Recht in der Bundesrepublik Deutschland.

Seit zehn Jahren, seit dem Fall der Mauer, gilt die Garantie der Rechte auf Menschenwürde und individuelle Freiheit in ganz Deutschland.

Anlaß und Gründe genug, durch den staatlichen Akt einer Amnestie und nicht zuletzt auch durch die öffentliche Diskussion darüber den hohen Wert gerade auch dieser Grundrechte hervorzuheben und öffentlich kundzutun.

Amnestie hat ihre Wurzel in den religiösen Prinzipien der Gnade und des Verzeihens. Gnade und Amnestie sind Möglichkeiten, den christlichen Versöhnungsgedanken in den staatlichen Vollzug des Strafens einzubringen, auch im Interesse einer rascheren Resozialisierung und der Eröffnung eines Neuanfanges für straffällig gewordene Menschen.

Der 2000. Jahrestag der Geburt Christi ist deshalb ein einmaliger, besonderer Anlaß, Amnestie zu gewähren.

Ein Straffreiheitsgesetz kostet kein Geld. Ganz im Gegenteil. Amnestie hilft sparen. Durch eine Amnestie werden die überfüllten Gefängnisse geleert. Die angespannte Situation im Strafvollzug wird entspannt.

Wir setzen uns für die Verabschiedung eines Amnestiegesetzes ein, das zum 1. Januar 2000 in Kraft tritt.

Hans-Christian Ströbele, MdB