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Verfassungsschutz: Grüne fordern grundlegende Überprüfung und

13.05.2003: Presseerklärung von Hans-Christian Ströbele anlässlich der heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2002

PRESSEMITTEILUNG

Datum: 13.05.2003

Verfassungsschutz: Grüne fordern grundlegende Überprüfung und Strukturreform

Anlässlich der heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2002 erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hans-Christian Ströbele:

Angesichts des Anstiegs rechtsextremistisch motivierter Straf- und Gewalttaten im letzten Jahr, müssen die dagegen gerichteten Präventionsprojekte wie CIVITAS unbedingt fortgeführt werden. Über erfreuliche Rückgänge (z.B. sonstiger politisch motivierter Straftaten, extremistischer Ausländer in Deutschland oder der NPD- Mitgliederzahlen) darf nicht vergessen werden, dass Konsequenzen aus dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gezogen werden müssen. Im Laufe des Verfahrens waren eklatante Mängel beim Einsatz von V-Leuten durch den Verfassungsschutz deutlich geworden. Nicht nur diese Praxis muss auf den Prüfstand. Die Geheimdienste insgesamt, ihre Struktur, Koordination, aber auch ihr Nutzen sowie die Wirksamkeit der Kontrolle müssen evaluiert werden.

Ziel der Überprüfung muss u.a. sein, den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (wie etwa V-Leute, Telefon- und Kommunikationsüberwachung), der immer mit Grundrechtseinschränkungen verbunden ist, auf das unvermeidlich Notwendige zu begrenzen. Außerdem müssen Aufgabenüberschneidungen und Doppelarbeit der Dienste abgebaut werden, um blamable Pannen mangels Absprachen beteiligter Ämter möglichst auszuschließen.

Ferner muss eine Zusammenlegung von Aufgaben und auch von Diensten in Erwägung gezogen werden. Die dahingehenden Vorschläge des Berliner Innensenators, die übermorgen auf der Innenministerkonferenz erörtert werden, sind ein erster Schritt auf einem richtigen Weg. Außerdem muss über eine Ergänzung und Verstärkung sowie mehr Öffentlichkeit der parlamentarischen Kontrolle der Dienste nachgedacht werden, um Mängel künftig früher erkennen und abstellen zu können.

Dass wirksame Kontrolle, mehr Transparenz sowie öffentliche Berichtspflichten die Dienste zur Zurückhaltung bei der Nutzung von Überwachungsbefugnissen veranlassen, verdeutlicht eine dem Bundestag gerade vorgelegte Unterrichtung des parlamentarischen Kontrollgremiums (BT-Drs. 15/981) über die Anwendung des "Sicherheitspakets II". Dieses sieht eben mehr Transparenz und Information der Öffentlichkeit vor. Danach nutzte das BfV die darin geschaffenen neuen Befugnisse nur wenig: Es stellte in 2002 6 Auskunftsersuchen an Kreditinstitute über 6 Personen, keines an die Post, ein Ersuchen über eine Person an Luftfahrtunternehmen, 13 Ersuchen an Telekommunikationsunternehmen über 13 Personen. Nur in drei Fällen gegen drei Personen nutzen Dienste den sogenannten IMSI-Catcher zur Lokalisation von Handys. Der von manchen befürchtete Überwachungsstaat durch die neuen Befugnisse ist danach nicht in Sicht.

Solche öffentlichen Berichtspflichten, um die Nutzung von Befugnissen zu überprüfen, sollten weiter ausgebaut werden.