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Skandalöses Urteil im Polizeiprozess zum G8-Gipfel in Genua 2001

20.11.2008: Anlässlich der überwiegenden Freisprüche zu den Polizeiübergriffen in der "Diaz-Schule" während des G8-Gipfels in Genua luden die Betroffenen - supportolegale Berlin - zu einem Pressegespräch am Freitag, den 21.November mit Hans-Christian Ströbele ein.

  
 

Pressekonferenz in Kreuzberg

Mehr als 7 Jahre nach den polizeilichen Gewaltexzessen gegen Demonstranten während des G8- Gipfels in Genua ist nun in Genua ein schändliches Urteil über 29 angeklagte Polizisten gesprochen worden. Der Prozess wegen des nächtlichen Überfalls auf zumeist schlafende Demonstranten in der Schule "A. Diaz" endete mit nur wenigen rein symbolischen Verurteilungen. Damit hat die Justiz nun einer Kette sytematischer Repression und Menschenrechtsverletzungen durch den Staat die Krone aufgesetzt.

Am 21.November luden Eva Lindenmaier (Anwältin/RAV) und Christian Ströbele zu einem Pressegespräch ins Kreuzberger Wahlkreisbüro ein.

Die Taz berichtete am nächsten Tag darüber:

"Genua war ein Einschnitt"

Trotz Angst wollen die Opfer von Genua auch beim nächsten G-8-Gipfel in Italien 2009 wieder protestieren.

Über die Stirn von Jens Herrmann zieht sich eine helle Narbe. Sie ist immer noch da, nach über sieben Jahren, auch nachdem er 5.000 Euro zugesprochen bekommen hat. So hoch ist die Entschädigung, die der Großteil der G-8-Gegner erhalten soll, die, wie Herrmann, 2001 in Genua bei einer Polizeirazzia in einer Schule zum Teil schwer verletzt wurden.

"Genua war ein Einschnitt", beschreibt Aktivist Herrmann die Auswirkungen der Gewalt bei einem Pressegespräch am Freitag in Berlin. Im nächsten Jahr findet der G-8-Gipfel erstmals seit den Ausschreitungen in Genua wieder in Italien statt - und auch der alte Regierungschef ist wieder da: Silvio Berlusconi. Auf der kleinen Insel La Maddalena vor Sardinien wird das Treffen stattfinden, abgeschirmt von Demonstranten.

"Es wird auf jeden Fall Proteste geben", sagt Alexis Passadakis von Attac. "Uns ist aber nicht klar, ob wir die Leute zu großen Demos mobilisieren sollen." Angesichts der "faschistischen Tendenzen" in der Regierung Berlusconi herrschten bei Attac große Befürchtungen. "Eine erfolgreiche Repression", nennt Jens Herrmann das Vorgehen der italienischen Polizei. Es sei ein traumatisierendes Erlebnis gewesen: "Ich schätze den Staat Italien jetzt anders ein." Er wolle sich nicht davon abhalten lassen, weiter an Protesten teilzunehmen. Noch einmal bei Protestaktionen in einer Schule zu übernachten, käme für ihn aber nicht infrage.

Auch Valeria Bruschis Einstellung zu Protesten hat sich verändert: "Ich habe Angst", sagte die Aktivistin. Wie Herrmann erinnert auch sie sich daran, wie die italienische Polizei am 21. Juli 2001 die Diaz-Schule stürmte, rücksichtslos gegen die meist Schlafenden vorging, sie verprügelten und schließlich alle der 93 Anwesenden festnahmen.

Kürzlich waren die beiden Aktivisten mit anderen Opfern in jenem italienischen Gericht, das das Urteil über die damals prügelnden Polizisten verkündete. Nur 13 der 29 angeklagten Polizisten wurden verurteilt - nur die unmittelbar ausführenden Beamten. Die Einsatzleiter, die ebenfalls vor Ort waren und zwei Molotowcocktails mitbringen ließen, um den Überfall zu rechtfertigen, wurden freigesprochen. Auch ob die Verurteilten ihre Freiheitsstrafen antreten müssen, ist fraglich. Die Polizisten können Berufung einlegen, um Zeit zu gewinnen: Körperverletzung ist im Januar verjährt.

Hans-Christian Ströbele, der für die Grünen im Bundestag sitzt, ist über dieses Urteil empört. Ströbele war 2001 gleich nach den Festnahmen nach Genua gefahren, wo er mit den Opfern und der Justiz sprechen konnte. Er sei zunächst überrascht gewesen, dass auch hohe Beamte angeklagt wurden. Nach dem jetzigen Urteil fühlt sich der Politiker jedoch hereingelegt: "Ich erwarte von der Regierung Berlusconi, dass sie sich gegenüber den Opfern erklärt", forderte Ströbele.

Rechtsanwältin Eva Lindermaier, die die Opfer der Polizeiaktion als Nebenkläger vertrat, erklärte, dass ihre Mandanten für eine höhere Entschädigung weiter klagen wollten. Ein solches Zivilverfahren kann aber erst nach Ende des Strafverfahrens eröffnet werden - durch die erwartete Berufung der Polizisten könne sich dies noch Jahre hinziehen."

Quelle: taz, 21.11.2008, Autorin: Frida Thurm


Weitere Informationen zum G8-Gipfel in Genua im Jahr 2001:

Reisebericht von Annelie Buntenbach und Christian Ströbele

Reportage der taz

Pressemitteilung vom 26.Juli 2001


Weitere Bilder

     
 

Foto entstand auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm

 
Zugehörige Dateien:
Mitteilung von den Betroffenen der Polizeiübergriffe - supportolegale Berlin als pdfDownload (19 kb)