Wahlkampf 2013

"Gebt das Hanf frei"

28.01.2004: Presseerklärung von Hans-Christian Ströbele zum Strafverfahren gegen zwei Menschen wegen des Besitzes von 63 Faserhanf-Pflanzen

"Gebt das Hanf frei" - Rechtssicherheit für Nutzhanf-Wirtschaft schaffen, Drogenrecht verfassungskonform gestalten!

Morgen beginnt vor dem Amtsgericht Tiergarten* ein Strafverfahren gegen zwei Menschen wegen des Besitzes von 63 Faserhanf-Pflanzen mit einem Gesamt-THC-Gehalt von 2,7 Gramm, also pro Pflanze von 0,04 Gramm. Die Pflanzen stammten aus einem staatlich geförderten legalen Anbau aus der Uckermark, dienten als Dekoration bei der Hanfparade 2002 und wurden dort von der Polizei beschlagnahmt. Mit meinem Zuruf an die Polizei aus diesem Anlass "Gebt das Hanf frei" produzierte Stefan Raab später einen gleichnamigen Rap-Song.

Zu Rauschzwecken waren diese Pflanzen, wie sie auf Tausenden Hektar deutscher Äcker angebaut werden, also völlig unbrauchbar. Trotzdem ermittelte die Staatsanwaltschaft mit großem Aufwand über ein Jahr lang und erhob Anklage.

Das zeigt einmal mehr, wie dringlich das Betäubungsmittelgesetz reformiert werden muss. Dies mahnt auch das Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen seit fast zehn Jahren an. Trotzdem vergeudet die Polizei wegen des geltenden Strafverfolgungszwangs weiterhin ihre knappen Kapazitäten auf nutzlose Ermittlungen wegen kleinster Drogenmengen - wohl wissend, dass solche Verfahren weitgehend eingestellt werden müssen. Ich setze mich deshalb innerhalb der Regierungskoalition weiter nachdrücklich für die Legalisierung von Cannabis ein. Der Prozess vor dem AG Tiergarten ist ein weiterer Anlass, entsprechend der Koalitionsvereinbarung nun endlich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Das bedeutet:

1) Entkriminalisierung von Besitz und Konsum geringer Cannabis-Mengen bundeseinheitlich bis zu 30 Gramm wie in Schleswig-Holstein (BVerfG 9.3.1994);

2) Besitz von Cannabis oder gelegentlicher Konsum außerhalb des Straßenverkehrs darf - anders als bisher - nicht zu Gefährdung der Fahrerlaubnis und Anordnung einer MPU/"Idiotentest" führen (BVerfG 20.6.2002);

3) Zulassung von Hanf als Medizin, geförderte Erforschung weiterer therapeutischer Potentiale.

Außerdem ist notwendig: 4) Rechtssicherheit für Produzenten von Faserhanf und dessen Vertrieb zu schaffen, damit dieser inzwischen boomende Wirtschaftszweig nicht durch übereifrige Staatsanwälte mit realitätsfernen Rechnereien ins kriminelle Zwielicht gezogen werden kann;

5) Straffreiheit des Anbaus von Cannabis für den Eigenbedarf: Tolerierter Anbau zum persönlichen Konsum reduziert die Nachfrage auf dem (harten) Schwarzmarkt und hilft, diesen auszutrocknen.

6) Prüfung weiterer legaler Abgabewege für Cannabis (wie von Berlin und Schleswig-Holstein vorgeschlagen).

  • AG Tiergarten/Berlin, Turmstr. 91, Saal A 138, 9°° Uhr
  • (ab 8°° Uhr vor dem Haupteingang des Gerichts Demonstration "Gebt das Hanf frei")