Telekommunikation: Deutschland darf nicht Überwachungs-Weltmeister werden
28.02.2012: Erklärung von Hans-Christian Ströbele zu den Veröffentlichungen über die Überwachung des internationalen Fernmeldeverkehrs im Jahr 2010.
37,35 Millionen mal strategische Telekommunikationsüberwachung im Jahr 2010 und nur 213 ‚Treffer‘: das sind lediglich 0,0005 %. Daher müssen Aufwand und Ertrag dieser aufwändigen Praxis dringend in ein angemesseneres Verhältnis gebracht werden, u.a. indem die verwendeten Suchworte überprüft und möglichst drastisch reduziert werden. Deutschland darf nicht Überwachungs-Weltmeister werden.
Doch es müssen auch durch die Veröffentlichungen entstandene Missverständnisse ausgeräumt werden. Die berichtete Praxis ist keine Rasterfahndung im Telekommunikationsverkehr bestimmter deutscher Bürger in Deutschland, sondern eine strategische Überwachung der gebündelten Funkübertragung etwa über asiatischen oder afrikanischen Ländern. Deutsche oder deutsche Unternehmen dürften hiervon kaum betroffen sein. Und falls doch, gilt für sie prinzipiell der Schutz des Grundgesetzes mit der Pflicht zur sofortigen Datenlöschung.
Das Bundesinnenministerium ordnet auf Antrag des BND an, in welchen Gefahrenbereichen (z.B. Gefahr militärischer Angriffe, internationaler Terrorismus, Waffen- oder Drogenhandel) und auf welche Regionen beschränkt Telekommunikation überwacht werden soll. Über die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Anordnung einschließlich der Verwendung von Such-begriffen entscheidet die sogen. G 10-Kommission unabhängiger Fachleute.
Ich setze mich auch in diesem Bereich für die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie für den Schutz von Menschenwürde und privatem Lebenskernbereich ausländischer Betroffener.
Bei individuellen inländischen Überwachungen (§ 3 G10; 137 Anordnungen in 2010) müssen die Betroffenen zügiger als bislang benachrichtigt werden.
Außerdem verlangen wir Grüne eine Änderung des zugrunde liegenden G10-Gesetzes mit dem Ziel, die Geheimdienstpraxis auch auf diesem Gebiet intensiver kontrollieren zu können.
Die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist nachzulesen unter: BT-Drs. 17/8639 dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/086/1708639.pdf
Die Gesetzesgrundlage §§ 3, 5 G10 : www.gesetze-im-internet.de/g10_2001/__5.html www.gesetze-im-internet.de/g10_2001/__3.html