Wahlkampf 2013

Einigung: Großer Lauschangriff wird verfassungskonform eingeschränkt

15.06.2005: Presseerklärung zum Thema Großer Lauschangriff von Hans-Christian Ströbele und Jerzy Montag

Einigung: Großer Lauschangriff wird verfassungskonform eingeschränkt Vor der heutigen Sitzung des Vermittlungsausschusses u.a. zum Thema Großer Lauschangriff erklären Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher, und Hans-Christian Ströbele, Fraktionsvorstand Bündnis 90/Die Grünen:

Wir haben uns mit der SPD und der CDU/CSU im Vorfeld der heutigen Sitzung des Vermittlungsausschusses auf Neuregelungen der akustischen Wohnraumüberwachung ("großer Lauschangriff") geeinigt. Wir Grünen haben dabei einen Kompromiss auf Minimallinie durchgesetzt und verhindert, dass die Union mit ihrem Plan durchgedrungen ist, die akustische Wohnraumüberwachung massiv auszuweiten.

Damit darf nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dieses Ermittlungsinstrument auch nach dem 30. Juni 2005 angewendet werden, sofern auch der Bundesrat bzw. eine unionsdominierte Ländermehrheit dies will und zustimmt.

Es bleibt erhalten, was wir noch über die Verfassungsgerichtsanforderungen hinaus durchsetzten: Keine Überwachung intimster Gespräche unter Angehörigen - eine Wanze unter dem Ehebett wird es mit uns nicht geben. Die Maßnahme muss sofort abgebrochen werden, wenn sich herausstellt, dass Angehörige Privatangelegenheiten besprechen. Außerdem genießen vertrauliche Gespräche mit Berufsgeheimnisträgern wie Pfarrern, Ärzten oder Anwälten absoluten Schutz.

Die FDP hat diese tief in die Privatsphäre eingreifende Ermittlungsbefugnis "Lauschangriff" 1998 mitgeschaffen, indem sie in einer ganz großen, schwarz-gelb-roten Koalition das Grundgesetz entsprechend änderte. Damals stimmten nur sechs alt-liberale Kritiker, die allerdings heute keine Führungsverantwortung in der FDP mehr tragen, immerhin gegen ein wichtiges Detail, nämlich die mehrheitlich geplante Überwachung auch von Berufsgeheimnisträgern.

Das Bundesverfassungsgericht hat das schwarz-gelbe Machwerk im März 2004 als überwiegend verfassungswidrig gegeißelt und für eine Neuregelung strenge Vorgaben gemacht. Rot-Grün hat diese durch einen sehr eingegrenzten Novellierungsentwurf umgesetzt und so die akustische Wohnraumüberwachung überhaupt erst verfassungskonform gemacht.

Schon während des ersten Beratungsgangs im Bundestag war es wiederum die FDP, die Verschärfungen des Regierungsentwurfs forderte (etwa, dass Kommunikation unter engen Angehörigen nur dann abhörgeschützt sein dürfe, wenn die Beteiligten beweisbar feststünden, statt schon bei entsprechender Annahme, wie der rot-grüne Entwurf vorsieht).

Im Bundesrat hat außer der Union auch die FDP durch die von ihr mitregierten Länder erneut auf Verschärfungen gedrungen und mit dahingehenden Forderungen den Vermittlungsausschuss angerufen. Dass wir im Vorfeld dessen bei den nun beendeten Verhandlungen gewisse Ausweitungen hinnehmen müssen, haben wir also der Union wie auch der FDP zu verdanken. Diese kann sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen und ihre Hände in Unschuld waschen.