Wahlkampf 2013

Anfrage an die Bundesregierung zu Cannabis-Grenzwerten

26.10.2007: Christian Ströbele reichte folgende parlamentarische Anfrage zum Betreff an die Bundesregierung ein, damit diese endlich für Cannabis-Grenzwerte initiativ wird:

"Wie beurteilt die Bundesregierung die Erkenntnisse einer kürzlich durch die Bundesanstalt für Straßenverkehr vorgestellten repräsentativen Studie der Universitäten Düsseldorf und Heidelberg, wonach weder höhere Cannabis-Konzentration noch häufiger Cannabis-Konsum die Verkehrsauffälligkeiten mehrte, sowie die Empfehlung einer Studie internationaler Wissenschaftler der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM. e.V.), wonach für Verkehrsteilnehmer ein Grenzwert für Strafbarkeit und Verkehrseignung zwischen sieben und zehn Nanogramm des Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blut - analog 0,5 Promille Blutalkoholkonzentration - festgelegt werden solle (vgl. FOCUS 40/2007 S. 66; hanfverband.de/aktuell/meldung_1191589951.html ), und welche Initiativen zur gesetzlichen Festlegung eines solchen Grenzwertes wird die Bundesregierung - nach der dahingehenden Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts schon vom 20. Juni 2002 (Az. 1 BvR 2062/96) - nun ergreifen angesichts dessen, dass derzeit bereits ab 1 Nano-gramm THC pro Milliliter Blut (1ng/ml) Strafverfahren wegen Fahrens unter Drogeneinfluss eingeleitet werden sowie die Fahreignung verkehrsbehördlich bezweifelt wird, obwohl THC anders als Alkohol nur 3 - 4 Stunden die Fahreignung mindert, aber mindestens 12 Stunden bei Verkehrskontrollen nachgewiesen werden kann?"


Am 26.Oktober wurde die Frage vom Parlamentarischen Staatssekretär Ulrich Kasparick beantwortet:

"Nach gültiger Rechtslage gilt im Rahmen der Fahreignungsbeurteilung durch die Verwaltungsbehörde bezüglich Cannabiskonsum Folgendes: Regelmäßiger Cannabiskonsum führt in der Regel zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen; jedenfalls kann er berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung begründen. Bei gelegentlichem Konsum ist die Eignung dagegen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Dies ist nur dann der Fall, wenn Konsum und Fahren nicht getrennt werden können, wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen oder wenn eine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegen (vgl. Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV). Bei Ungeeignetheit ist die Fahrerlaubnis zu entziehen bzw. darf nicht erteilt werden. Die Differenzierung zwischen regelmäßigem und gelegentlichem Cannabiskonsum steht im Einklang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2002 zu dem bis zum 31. Dezember 1998 geltenden § 15b der Straßenverkehrszulassungs-Verordnung, wonach nur bei einmaligem oder gelegentlichem Konsum von Haschisch in der Regel nicht die Befürchtung besteht, dass dieser bei den Betroffenen zu einer anhaltenden fahreignungsrelevanten Absenkung ihrer körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit führt und die Fahrerlaubnis daher nicht allein auf der Grundlage des einmalig festgestellten Haschischbesitzes oder der Weigerung, sich einer ärztlichen oder medizinisch- psychologischen Untersuchung zu unterziehen, entzogen werden darf. In diesen Fällen bedarf es weiterer konkreter tatsächlicher Verdachtsmomente dafür, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist.

Soweit die Verfasser der im Auftrag der Universitäten Düsseldorf und Heidelberg durchgeführten Studie "Cannabis und Verkehrssicherheit" (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 182) nun die Differenzierung zwischen regelmäßigem und gelegentlichem Cannabiskonsum im Rahmen der Fahreignungsbeurteilung für diskussionswürdig halten, wird darauf hingewiesen, dass auch die Verfasser selbst noch Forschungsbedarf sehen. Die Entwicklung auf diesem Gebiet wird die Bundesregierung weiter aktiv begleiten.

Die Frage nach der gesetzlichen Verankerung bestimmter THCGrenzwerte in § 24a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), wonach im Straßenverkehr für bestimmte illegale Drogen, darunter auch Cannabis, ein sog. absolutes Drogenverbot gilt, war im vergangenen Jahr bereits Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema "Bewertung der Fahruntüchtigkeit bei Cannabiskonsum"; die hierzu ergangene Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/2264) hat weiterhin ihre Gültigkeit. Die bereits bei Schaffung der Verbotsnorm des § 24a Abs. 2 StVG bestehende Ausgangslage ist auch nach der in der Frage angesprochenen Studie "Cannabis und Verkehrssicherheit" noch unverändert. Darin wird nämlich Folgendes festgestellt: "Im Gegensatz zum Alkohol, bei dem unter Berücksichtigung von bei Alkoholgewöhnung verschobenen Konzentrationsbereichen stets eine lineare Dosis- Wirkungs-Beziehung angenommen werden kann, besteht bei Cannabis eine solche Beziehung nicht" (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 182, S. 170).

Die Ermittlung von Gefahrengrenzwerten für Drogen im Straßenverkehr ist derzeit Gegenstand des EU-weiten Forschungsprojektes "DRUID" unter Konsortialführung der Bundesanstalt für Straßenwesen. Es ist zu erwarten, dass auch die Empfehlung der "Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin" in die Ergebnisse der Studie des "DRUID"-Projektes einbezogen werden, deren Abschluss im Hinblick auf die Prüfung gesetzgeberischer oder sonstiger Maßnahmen noch abzuwarten ist."

Die Antwort kann hier heruntergeladen werden: dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/068/1606839.pdf

dort ab Seite 41 / Druckseite 47 ff.