Wahlkampf 2013

Widerstand gegen fremdenfeindliche Propaganda nicht kriminalisieren

31.08.2005: Presseerklärung von Hans-Christian Ströbele zum unverhältnismäßigen Polizeieinsatz gegen die Berliner Antifa am 27. August 2005

Anlässlich der Durchsuchungen der Berliner Polizei gegen eine Antifa-Party in Berlin-Wedding, einen Stadtteilladen und Privatwohnungen am Abend des 27. August erklärt Hans-Christian Ströbele, Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestages:

Widerstand gegen fremdenfeindliche Propaganda nicht kriminalisieren

Die Polizeiaktionen waren nicht gerechtfertigt. Die nächtlichen Hausdurchsuchungen mit einem Großeinsatz von ca. 300 Polizeibeamten gegen Antifaschisten in drei Berliner Bezirken waren unverhältnismäßig. Sie sind mit dem Grundrecht, in der eigenen Wohnung in Ruhe gelassen zu werden, wie es vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 13 GG abgeleitet wird, nicht zu vereinbaren.

Sie hinterlassen den Eindruck eines einseitigen Eingriffs in den Wahlkampf und in die Auseinandersetzungen mit der fremdenfeindlichen Propaganda der NPD. Plakate anderer Parteien werden massenhaft auch in diesem Wahlkampf beschädigt und zerstört. Gerade auch die NPD ist im Wahlkampf nicht zimperlich. Sie scheut nicht davor zurück, Wahlkonkurrenten durch Plakatieren in übelster Weise verächtlich zu machen. Ein polizeiliches Vorgehen dagegen ist nicht ersichtlich. Ich selbst habe am Morgen desselben Tages, an dem die Polizeiaktionen stattgefunden haben, erlebt, wie Aktivisten der NPD im Wahlkampf auf der Straße in Berlin-Prenzlauer Berg Informationsmaterial der Grünen demonstrativ zerrissen und provokativ vor mir in die Luft geworfen haben. Als Anlass der Durchsuchungsanordnungen und der folgenden Polizeiaktionen soll jetzt aber nur ein angeblicher Aufruf im Internet genügen, "Nazi-Material in blauen Müllsäcken zu entsorgen". Es ging um die Suche nach Beweismaterial zu einer Internetseite www.antifa.de mit der Überschrift "Nazi-Wahlkampf sabotieren". Auch wurde bei der Anordnung und Durchführung der Untersuchungen offensichtlich übersehen, dass technisch verantwortliche Dienstanbieter der betreffenden Internetseite für Inhalte, die von Dritten eingestellt werden, also auch für den beanstandeten Aufruf, gar nicht verantwortlich sind. Dies ergibt sich aus den Paragraphen 8 und 9 des Telekommunikationsdienstleistungsgesetzes (TDG).

Das Zustandekommen der Durchsuchungsanordnungen und die Polizeieinsätze sind aufzuklären. Die beschlagnahmten Dokumente und Computer sind zurückzugeben. Die Auseinandersetzung mit der NPD und der Widerstand gegen fremdenfeindliche und rassistische Propaganda darf durch Polizeiaktionen nicht behindert werden.

Dazu erschien ein Bericht auf Indymedia:
de.indymedia.org/2005/08/126289.shtml