Wahlkampf 2013

"Für eine wirksamere Kontrolle der Geheimdienste!"

08.03.2006: Antrag der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Volker Beck, Marieluise Beck, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Monika Lazar, Jerzy Montag, Winfried Nachtwei, Claudia Roth, Rainder Steenblock, Silke Stokar von Neuforn, Jürgen Trittin, Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Nach dem Bericht der Bundesregierung sowie des Parlamentarischen Kon- trollgremiums (PKGr) des Deutschen Bundestages zu den Untersuchungs- vorgängen Bundesnachrichtendienst - BND - Bagdad und CIA-Gefangenentransporte und unabhängig von der Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zeigt sich, dass in der Vergangenheit - die Kontrolle der Nachrichtendienste auch durch die Fachaufsicht nicht wirkungsvoll genug erfolgte, - das PKGr durch die Bundesregierung nicht wie geschuldet umfassend informiert wurde, sondern viele berichtspflichtige Vorgänge erst aus den Medien erfuhr, - das PKGr nicht über ausreichend sowie zeitgemäße Ausstattung und Befugnisse verfügt, um eine angemessene Kontrolle der Dienste zu gewährleisten, - die Regierung vielfach vorschnell, thematisch weitreichend und das Kontrollgremiumgesetz (PKGrG) überdehnend eine angebliche Alleinzuständigkeit des geheim tagenden PKGr vor den mitzuständigen Fachausschüssen und dem Plenum reklamiert hat. Es hat sich jedoch während der Untersuchung der genannten Themen auch gezeigt, dass die Arbeitsmöglichkeiten des PKGr sowie dessen Unterrichtung durch die Bundesregierung durchaus effektiver gestaltet werden können und dass auch die Fachausschüsse sowie das Plenum intensiv in die Aufklärung einbezogen werden kann.

2. Um die Kontrolle der Nachrichtendienste auf Dauer wirksamer zu gestalten, hält der Deutsche Bundestag eine unverzügliche Novellierung des PKGrG für erforderlich. Insbesondere ist Folgendes neu zu regeln:

a) Mehr Transparenz: - indem die Mitglieder des PKGr über dessen Beratungen ihre Fraktionsvorsitzenden unterrichten dürfen wie derzeit schon praktiziert; - indem die Mitglieder des PKGr dessen Beratungen anders als bisher in der Öffentlichkeit nicht nur bewerten, sondern auch inhaltlich berich- ten dürfen, sofern das PKGr dies mit qualifizierter Mehrheit beschließt, außer Sicherheit oder Wohl der Bundesrepublik Deutschland würden hierdurch gefährdet; - indem das PKGr die Möglichkeit erhält, wie auch andere Fachausschüsse ohne absolute Geheimhaltung zu tagen, außer dies würde die Sicherheit von Personen, der Bundesrepublik Deutschland, operative Vorgänge oder die Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen gefährden; - indem auch die Kontrollbefugnisse des Vertrauensgremiums, das die Haushalte der Geheimdienste kontrolliert, gestärkt werden.

b) Bessere Arbeitsmöglichkeiten des PKGr: - indem die PKGr-Mitglieder - ähnlich wie in anderen Fachausschüssen - je einen Mitarbeiter zu den Sitzungen und deren Vorbereitungen hin- zuziehen können; - indem die PKGr-Mitglieder auch einzeln das gesetzliche Aktenein- sichtsrecht in Geheimdienstunterlagen ausüben dürfen: ein exklusives Einsichtsrecht nur der PKGr-Vorsitzenden "in camera" ist klarstellend gesetzlich auszuschließen; - indem die PKGr-Sitzungen - ebenso wie früher - wieder protokolliert werden, damit auch nach längerer Zeit noch der Beratungsgang und -inhalt nachvollzogen werden kann.

c) Qualifiziertere und vollständige Unterrichtung des PKGr durch die Bundesregierung: - indem die schon derzeit gesetzlich berichtspflichtigen "Vorgänge von besonderer Bedeutung" weiter präzisiert werden: etwa wenn ein Minis- ter oder die sog. Nachrichtendienstliche Lage im Kanzleramt mit dem Vorgang befasst war; - indem "Sanktionen" für den Fall geschaffen werden, dass die Bundesregierung das PKGr nicht, nicht vollständig, rechtzeitig oder wahrheitsgemäß unterrichtet: etwa dass das PKGr einen solchen Fall stets mit substanziellem Inhalt öffentlich mitteilen wird.

d) Stärkung der Zuständigkeit der Fachausschüsse und des Plenums: - indem deren nach § 1 Abs. 2 PKGrG vorbehaltene Mit-Zuständigkeit für Themen mit nachrichtendienstlichen Bezügen vor weiteren Aushöhlungsversuchen geschützt wird durch eine gesetzliche Klarstellung, dass keine thematische Alleinzuständigkeit des PKGr begründet wird (etwa bei Themen mit bloßem Bezug zu ausländischen Geheimdiensten, z. B. Gefangenen-Transporte der CIA).

Zur Begründung des Antrags lesen Sie hier Christian Ströbeles Rede im Bundestag: Rede_bessereKontrolle_Geheimdienste

Der Antrag ist auch auf den Seiten des Bundestags zu finden als Drucksache 16/843.

Zudem finden Sie hier die Beschlussempfehlung des Innenausschusses dazu: Drucksache 16/4720

Die Grünen sind die einzige Partei, die Verbesserungsvorschläge eingereicht hat. In der Abstimmung darüber haben CDU/CSU und SPD dagegen gestimmt, FDP und die Linke haben sich enthalten. Somit werden alle Vorschläge nicht realisiert.

Zugehörige Dateien:
Beschlussempfehlung des InnenausschussesDownload (57 kb)