Wahlkampf 2013

Bundesnachrichtendienst: Kein Grund zum Feiern

07.05.2008: Anlässlich der heutigen Grundsteinlegung zur Berliner BND-Niederlassung erklärt Hans-Christian Ströbele:

"Der Bundesnachrichtendienst ist angeschlagen. Immer wieder gerieten Teile des Geheim­dienstes außer Kontrolle. Das Vertrauensverhältnis des BND-Präsidenten zum Parlament und zur Bundeskanzlerin ist gestört. Weisungen des Bundeskanzleramtes bleiben ohne nachhaltige Wirkung. Eine wirksame Kontrolle dort hat gefehlt. Wahrlich kein Grund zum Feiern für den Dienst.

Da hilft auch keine Grundsteinlegung für einen teuren Neubau für den BND in Berlin. Die Kosten von Neubau und Umzug laufen davon. Derzeit werden schon 1,2 Milliarden Gesamt­kosten geschätzt; weitere Überschreitungen des Kostenrahmens sind wahrscheinlich. Trotz­dem bleibt der Nutzen des Umzugs zweifelhaft. Auch eine größere Nähe zur Regierung wird die Kontrolle des Geheimdienstes nicht erleichtern. Glasfassaden oder ein öffentlich zugängli­ches Café in dem Mammutbau schaffen keine wirkliche Transparenz. Diese müsste im Inne­ren des Dienstes und in seiner Leitung sowie im aufsichtführenden Kanzleramt verankert und wirklich gewollt werden. Daran fehlt es bisher.

Stattdessen gab es in den vergangenen Jahren sehr wenig Licht, aber sehr viel Schatten. Der Nutzen des Dienstes steht in einem fragwürdigen Verhältnis zu dessen Kosten und laufenden Skanda­len.

Immer wieder produzierte der BND fatale Fehlleistungen: Falsche BND-Berichte über angebliche Giftgas-Produktions-Anlagen im Irak dienten der US-Administration dazu, vor der UNO den Krieg gegen den Irak zu begründen. BND-Mitarbeiter in Bagdad lieferten während des Irak-Kriegs wichtige Informationen für US-Angriffe: angeb­lich weisungswidrig. Der BND forschte deutsche Journalisten rechtswidrig aus, befragte deut­sche Gefangene in unmenschlicher US-Haft, aber hat illegale CIA-Transporte verschleppter Personen über Deutschland angeblich nicht bemerkt und nicht gemeldet. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages erfuhr davon erst aus der Zeitung statt pflichtgemäß durch die Bundesregierung.

Das alles passt nicht in eine offene parlamentarische Demokratie. Anstatt die Grundsteinle­gung für den Milliardenbau in Berlin zu feiern, sollte der Grundstein für eine wirkliche Re­form des Dienstes an Haupt und Gliedern gelegt werden. Der alte Corpsgeist muss weg. Nur Transparenz der Strukturen, klare Weisungen und Verantwortlichkeiten sowie die Kontrolle von deren Einhaltung könnten verhindern, dass Teile des Geheimdienstes außer Rand und Band geraten und dass dessen Leitung sowie die Aufsicht im Kanzleramt es gar nicht oder zu spät merken. Es genügt nicht, dass die Bundesregierung immer wieder bloß versichert, die Skandale würden nicht mehr vorkommen. Die Leitung des Dienstes sowie dessen politische Aufsicht müssen die volle Verantwortung übernehmen und rechtzeitig ausreichende Vorsorge gegen Fehlentwicklungen treffen.

Der Geheimdienst muss der uneingeschränkten Kontrolle durch das Parlamentarische Kon­trollgremium unterstehen. Wir haben schon im März 2006 als erste Frak­tion zahlreiche Vorschläge eingebracht, wie diese parlamentarische Kontrolle verbessert wer­den kann."

Der Antrag ist hier zu lesen