Wahlkampf 2013

Mündliche Frage: Verweigerung der Einsicht in Eichmann-Akten

26.01.2011: Der Journalistin G. W. wurde vom Bundeskanzleramt und vom BND die Einsicht in die Akten zum NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann verweigert.

Mit welcher konkreten Begründung verweigern Bundeskanzleramt und Bundesnachrichtendienst (BND) der Journalistin G. W. weiter trotz der anderslautenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Einsicht in Akten, die beim BND mit Erkenntnissen zu dem NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann vorhanden sind, und welche schützenswerten Interessen stehen nach Auffassung der Bundesregierung der Einsichtnahme in diese Akten entgegen angesichts der Tatsache, dass die Vorgänge seit mehr als 50 Jahren abgeschlossen sind und einen NS-Verbrecher betreffen?

Antwort

des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/4493, Frage 59): Die in Ihrer Frage Nr. 49 zur Fragestunde am 15. Dezember 2010 enthaltenen Vorwürfe haushaltsrechtlicher Art sowie die Vorwürfe gegen die Bundesregierung in Bezug auf die Relevanz der Aktivitäten des Informanten für eine Vorbereitung des bewaffneten Konfliktes im Irak werden zurückgewiesen. Hinsichtlich der nachrichtendienstlichen Aspekte Ihrer Anfrage ist die Bundesregierung nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die erbetene Auskunft geheimhaltungsbedürftig ist. Die Anfrage zielt auf Einzelheiten tatsächlicher oder vermuteter nachrichtendienstlicher Aktivitäten, die grundsätzlich nicht öffentlich dargestellt werden können. Aus ihrer Offenlegung könnten sowohl staatliche Akteure anderer Länder als auch nicht staatliche Akteure Rückschlüsse auf die Fähigkeiten und Methoden des BND ziehen. Im Ergebnis würde dadurch die Funktionsfähigkeit unserer Sicherheitsbehörden und damit die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Gleichwohl ist die Bundesregierung selbstverständlich bereit, das Informationsrecht des Parlaments unter Wahrung berechtigter Gcheimhaltungsinteressen zu befriedigen. Die Bundesregierung hat deshalb die erbetenen Angaben als "GEHEIM" eingestufte Verschlusssache zur Einsicht durch Sie und berechtigte Personen an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt.

Neuabdruck

der Antwort (BT -PlPr 17/87 , S. 9879A - 9879C) des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/4493, Frage 59): Seit 2009 klagt eine Journalistin auf Einsicht in Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes zu Adolf Eichmann. In einer Zwischenentscheidung hatte das Bundesverwaltungsgericht im April 2010 die in einer ersten Sperrerklärung des Bundeskanzleramtes geltend gemachten Geheimhaltungsgründe nur für teilweise berechtigt erklärt. Vor allem wurde eine stärkere Zuordnung der Einzelgründe für eine Sperrung zu den einzelnen Aktenbestandteilen gefordert. Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, dass das Bundeskanzleramt aber nicht gehindert sei, im Rahmen seines Ermessens unter Abwägung zwischen dem historischen Aufklärungsinteresse und fortbestehenden Geheimhaltungsinteressen eine erneute Sperrerklärung abzugeben. Der Bundesnachrichtendienst und das Bundeskanzleramt haben die streitgegenständlichen Unterlagen sodann anhand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nochmals sorgfältig geprüft. Das Bundeskanzleramt hat daraufhin im August 2010 eine erneute, nach Aktenteilen differenzierte Sperrerklärung abgegeben. Ein großer Teil der Unterlagen ist sogar, was Frau Staatsministerin Böhmer in der Fragestunde der vergangenen Woche bereits erläutert hatte, ungeschwärzt vorgelegt worden. Ein Teil der Akten ist gemäß den gesetzlich vorgesehenen und vom Bundesverwaltungsgericht anerkannten Sperrgründen nicht- beziehungsweise mit lediglich punktuellen Schwärzungen - vorgelegt worden. Maßgebliche, auch vom Bundesverwaltungsgericht in seinem angeführten Beschluss grundsätzlich anerkannte Sperrgründe sind der Schutz noch lebender - wenn vielleicht auch betagter - damaliger Informanten, der Schutz personenbezogener Daten Dritter sowie der Schutz von Beziehungen zu ausländischen Partnerbehörden, insbesondere Nachrichtendiensten. Sowohl das Bundeskanzleramt als auch der Bundesnachrichtendienst müssen bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, dass es neben dem legitimen Interesse an Klärung historischer Fakten auch Rechte und Interessen Dritter gibt, die in den Abwägungsprozess - so sehen es unsere Gesetze vor - einfließen müssen.