Wahlkampf 2013

Geheimdienste an die Kette legen - Aufsicht und Kontrolle wirksam stärken - Lügen und Vertuschung der Regierung unterbinden

13.11.2015: Zu heutigen Ankündigungen, die Regierungskoalition wolle gesetzlich BND-Befugnisse einengen und die parlamentarische Kontrolle der Dienste umstrukturieren, erklärt Hans-Christian Ströbele, MdB:

"Engere gesetzliche Beschränkungen der Tätigkeit des BND und bessere Kontrollmöglichkeiten durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) sind längst überfällig. Unterstützung der Arbeit der Abgeordneten durch mehr Fachpersonal. Ein "Geheimdienstbeauftragter" darf die Aufklärung durch die Abgeordneten nicht ersetzten, sondern muss ihnen zur Seite stehen und verantwortlich sein. Bei seiner Einsetzung muss die Opposition entscheidend mitbestimmen können. Er muss von Regierung und BND unabhängig sein.

Die spontanen Reform-Ankündigungen aus der Regierungskoalition überzeugen nicht. Denn die Bundesregierung kannte ja diese Praktiken seit langem und billigte sie offenbar, ohne dagegen einzuschreiten. Öffentlichkeit und Parlamentarisches Kontrollgremium wurden pflichtwidrig nicht oder falsch informiert, ja sogar direkt belogen. Abgeordnete der Koalition haben die notwendige Reformen des PKG-Gesetzes und Aufklärung in Bundestagsgremien blockiert, wie zuletzt im NSA-Untersuchungsausschuss die Einsicht in Selektoren der NSA.

Die angekündigten Änderungen reichen nicht. Unerlässlich sind:

  • Pflichtwidriges Verschweigen von Vorgängen von besonderer Bedeutung und gar Lügen im Kontrollgremium müssen als Dienstvergehen streng sanktioniert werden.
  • Um später das im geheimen Kontrollgremium Gesagte wirksam überprüfen zu können, müssen Wortprotokolle bzw. Tonbandmitschnitte geführt werden;
  • Abgeordnete müssen die Möglichkeit haben, Verstöße gegen das Grundgesetz oder Straftaten und Lügen von Vertretern der Regierung oder des BND im Bundestag offen zu benennen, auch aus geheimen Sitzungen und Akten;
  • Grundsätzlich müssen die Rechte der Opposition im PKG, die der Aufklärung dienen, verstärkt werden, ohne dass die Mehrheit dies blockieren kann;
  • Statt nur das Ausspähen ausländischer zugunsten deutscher Unternehmen muss dem BND auch die Spionage gegen Wirtschaftsunternehmen von EU-Staaten untersagt werden.
  • Nicht nur EU-Bürger brauchen Schutz ihrer Grundrechte auf Privatheit und informationeller Selbstbestimmung: Menschenrechte gelten für alle.

Zu intensiver Geheimdienstkontrolle haben wir schon lange Vorschläge vorgelegt u.a.

  • Verknüpfung der derzeit zersplitterten uneffektiven Kontrollstrukturen und -Gremien;
  • Stärkung ministerieller Fachaufsicht über die Dienste, gegenseitiger Berichts- und eindeutiger Dokumentationspflichten inkl. Sanktionen;
  • Präzisierung und Sanktions-Bewehrung der Unterrichtungspflichten der Regierung gegenüber Parlament; Wortprotokollierung dieser Berichte im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr).
  • Klarstellung, dass die Kontrollbefugnis des PKGr sich erstreckt auf Zusammenarbeit der Dienste mit dem Ausland sowie auf Defizite der ministeriellen Fachaufsicht."

QUELLEN:

A) Rede Hans-Christian Ströbele am 12.11.2015 im Plenum des Bundestages zur Debatte um Reform der parlamentarischen Geheimdienstkontrolle: dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18136.pdf#page=129 dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18136.pdf

B) H-C Ströbele fasste im Juni 2015 die grünen Forderungen zusammen nach Reform für die Dienste und der parlamentarischen Kontrolle: in "profil:grün" Ausgabe Juni 2015.

C) Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 22.4.2015: Für eine Zäsur und einen Neustart in der deutschen Sicherheitsarchitektur (BT-Drs. 18/4690)

D) Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 1.7.2015: zur Verfassungsschutzgesetz-Novelle: nötige Reformen bei Diensten + deren Kontrolle (BT-Drs. 18/5431)

E) Grüner Fraktionsbeschluss vom 2.9.2011: Sicherheit im Dienst der Freiheit"

F) Beschluss der Fraktion vom 27.11.2012 zu Änderungen der Sicherheitsarchitektur: "Für eine Zäsur in der Deutsche Sicherheitsarchitektur - Auflösung des Verfassungsschutzes, Neustrukturierung der Inlandsaufklärung und Demokratieförderung" > (darin insbesondere auf Seite 8 unter Ziffer VI. zur parl. Kontrolle der ND)

G) Bzgl. Umorganisation der Geheimdienste: Zum organisatorischen Rückschnitt der Dienste forderte die Grüne Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) 2013, den überflüssigen Militärischen Abschirmdienst MAD aufzulösen (bit.ly/1QS2EkN) sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz BfV (bit.ly/1H6Led6). Gleiches hatten die Grüne Fraktion im Bundestag bereits beantragt 2011 (MAD: bit.ly/1Hi3Idr ) bzw. 2012 (bzgl. BfV ). Grüne wollen mindestens Umbau des Verfassungsschutzes ("Auflösung + Neustart"): bit.ly/1HDKPUE und V-Leute-Einsätze viel weitergehend als die Bundesregierung zurückdrängen (nämlich gegen Rechts "umgehend beenden" und i.ü. evaluieren : bit.ly/1J6vfym )