Wahlkampf 2013

Genomanalyse

07.04.2003: Zu den heutige Anregungen des Bundesinnenministers, mehr Personen unter erleichterten Voraussetzungen DNA-Proben für künftige Strafverfolgung abzunehmen, erklärt Hans-Christian Ströbele:

Bündnis 90/Die Grünen begrüßen, wenn mit Hilfe von Genom-Analysen Straftaten aufgeklärt oder gar Täter überführt werden können, nachdem die rechtlichen Möglichkeiten hierfür seit 1998 erheblich erweitert wurden. Danach werden schon heute nicht nur Verurteilten, sondern auch tausenden wegen Kapitaldelikten Verdächtigen vorsorglich DNA-Proben im Hinblick auf etwaige Wiederholungstaten abgenommen. 265.000 Proben speichert die Polizei, monatlich kommen 6000 bis 7000 neue hinzu. Eine zusätzliche Absenkung der rechtlichen Voraussetzungen hierfür und Ausweitung des betroffenen Personenkreises lehnen wir aus rechtlichen und praktischen Gründen ab.

Die Erhebung und Speicherung solcher sensibler personenbezogener Daten ist nur bei konkretem Bedarf im unerläßlichen Umfang zulässig; eine bloße Datenspeicherung auf Vorrat für ungewisse künftige Bedarfsfälle hat das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil als verfassungswidrig verworfen. Danach darf nicht ins Blaue hinein angenommen werden, dass jeder verurteilte Straftäter oder gar nur Verdächtige zur Wiederholungstat neigen könnte, so dass seine Körperspuren schon präventiv erhoben und gespeichert werden müssten.

Genau solche Massentests fordern jedoch die CDU/CSU-regierten Bundesländer, die allen "Verdächtigen" gleich welchen Delikts im Rahmen erkennungsdienstlicher Behandlung auch sensible Genspuren abnehmen lassen wollen, egal ob der Verdacht sich bestätigt oder widerlegt wird. Nach einem Unions-Gesetzentwurf im Bundesrat soll dies vor allem gelten für Verdächtige wegen Diebstahls und Körperverletzung.

Man stelle sich dies vor: Jeder Verdacht eines Ladendiebstahls oder Autounfalls mit fahrlässiger Körperverletzung führe dazu, dass genetische Daten des Verdächtigen erhoben und gespeichert werden bis zu dessen Tod. Das ist kriminalistisch nicht begründbar, uferlos, mangels finanz- und Laborkapazitäten praktisch undurchführbar sowie unverhältnismäßig und durch das Grundgesetz untersagt.

Zudem besteht die Gefahr, daß aus entnommenen Proben, die eigentlich bei künftigen Delikten nur zum Identitätsabgleich dienen sollen, angesichts des technischen Fortschritts künftig sicher viele weitere sensible Erkenntnisse über die Betroffenen gewonnen werden können.

Daher werden Grüne solchen Phantasien der Union, Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht zu stellen und heikle Datenspuren dauerhaft abzuspeichern, nicht zur Verwirklichung verhelfen.