Wahlkampf 2013

Rechtsextremismus-Expertenkommission kann parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ersetzen

24.11.2011: Zu der heutigen Ankündigung von Bundesminister Friedrich, zur Aufklärung der Nazi-Mordserie und möglichen Fehlverhaltens eine "hochrangige Expertenkommission" einsetzen zu wollen, erklärt Hans-Christian Ströbele:

"Die Einsetzung einer Expertenkommission zur Unterstützung der Aufklärungsarbeit der Bundessicherheitsbehörden ist gut und richtig, zumal wenn es sich um eine "hochrangige" handelt. Aber eine solche von der Exekutive eingesetzte Expertenkommission kann nicht die Aufklärungsarbeit und die Kontrolle der Aufarbeitung durch Bund und Länder ersetzen. Dafür brauchen wir einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Eine bloße Expertenkommission wird niemals die gebotene öffentliche Aufklärungsarbeit leisten können. Ihr fehlen alle Grundlagen für eine wirksame und transparente Arbeit.

Der ganze Bundestag und vor allem die Menschen in unserem Land haben einen Anspruch auf Transparenz und unmittelbare Information über die Aufklärung, Aufarbeitung und Schlussfolgerungen bzgl. der rechtsterroristischen Aktivitäten und behördlichen Fehlverhaltens, und zwar zeitnah. Wie sonst soll das Vertrauen der Bevölkerung in einen wirksamen Schutz vor derartigen Gefahren wieder hergestellt werden?

Die Achtung vor den Angehörigen der Opfer gebietet, nicht - wie eine Expertenrunde - hinter verschlossenen Türen bzw. in Geheimgremien mit Schweigeverpflichtungen aufzuklä¬ren, wie es zur Ermordung ihrer Familienmitglieder kommen konnte.

Vielmehr muss der Bundestag selbst dies durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in grundsätzlich offener Sitzung (vgl. § 13 PUAG) prüfen können. Nur dort kann es die rasche und direkte Information der Menschen geben, etwa wenn die für Fehlverhalten Verantwortlichen als Zeugen ver¬nommen werden.

Zeugen sind nur gegenüber einem PUA formell zum Erscheinen, zur Aussage und in ihren Aussagen bei Strafdrohung zur Wahrheit verpflichtet (§§ 22 ff. PUAG); all dies gilt aber nicht gegenüber Fachausschüssen, PKK/PKGr oder gar gegenüber externen Experten-Kommissionen. Dort hingegen wären die Zeugen (vorbehaltlich evtl. Dienstpflichten) frei, fernzubleiben oder unwahr auszusagen.

Anders als all diese Gremien darf nur ein PUA Sanktions-bedroht Herausgabe beweisrelevanter Gegenstände und Unterlagen von jedermann verlangen (§ 29 PUAG).

Anders als ein PUA dürfen externe Experten nur Themen und Behörden desjenigen Ressorts bearbeiten, welches sie berief. Das wären BM Friedrichs Modell also v.a. nur Bundespolizei, Bundesamt für Verfassungsschutz, nicht aber die - vorliegend auch zu prüfenden - BND, MAD, Bundesanwaltschaft oder gar Länderbehörden.

Ich schlage aus all diesen Gründen meiner Fraktion vor, die Einsetzung eines PUA zu beantragen und sich hierzu mit anderen Fraktionen des Bundestages zu verständigen."