Wahlkampf 2013

Anfrage an die Bundesregierung zum Ausbildungsgang "Duales Studium" bei der Bundeswehr

07.11.2007: Das Bundesverwaltungsgericht urteilte am 24.10.2007, dass Wehrpflichtige eine integrierte Berufsausbildung im sog. Dualen Studium ggf. abbrechen und Grundwehrdienst leisten müssen, ohne wie andere Azubis eine Zurückstellung von der Bundeswehr beanspruchen zu können.

Dies hatten Bundeswehr und Bundesamt für Zivildienst bisher anders praktiziert. Wegen der offensichtlich nachteiligen Auswirkungen dieser neuen Rechtsprechung auf die Ausbildung vieler betroffener Wehr- bzw. Zivildienstpflichtiger sowie letztlich auch auf den Arbeitsmarkt hat der Abgeordnete Ströbele umgehend die Bundesregierung zur Schaffung eines solchen Zurückstellungsanspruchs im Wehrpflichtgesetz aufgefordert, wie schon der Bundesrat vor einigen Monaten verlangte.

Dieses Verlangen wurde in der heutigen Fragestunde des Deutschen Bundestages am 7.11.2007 behandelt. Hans-Christian Ströbeles dazu eingereichte Anfrage an die Bundesregierung hat folgenden Wortlaut:

"Wird die Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.10.2007 (Aktenzeichen 6 C 9.07), demzufolge nach heutiger Rechtslage Wehrpflichtige während einer Berufsausbildung im sogenannten Dualen Studiums nicht mehr vom Grundwehrdienst zurückgestellt werden müssen, nun gemäß dem Änderungsverlangen des Bundesrats vom 11.5.2007 zu ihrem Entwurf eines Wehrrechtsänderungsgesetzes (Bundesrats-Drucksache 226/07) sowie gemäß dem einhelligen Votum der Bildungspolitiker auch der Koalitionsfraktionen nun eine ausdrückliche gesetzliche Gleichbehandlung der dual Auszubildenden mit anderen Auszubildenden anstreben, und wird die Bundesregierung schon in ihrer Gegenäußerung zu dieser Stellungnahme des Bundesrates verdeutlichen, dass sie der ohne Gesetzesänderung drohenden Unterbrechung, weiteren Erschwerung und Attraktivitätsminderung eines Dualen Studiums sowie Verzögerung des Arbeitsmarktzugangs dieser Fachkräfte nachdrücklich entgegentreten wird?"

Die Antwort der Bundesregierung erfolgte von Christian Schmidt, dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Verteidigung:

"Herr Kollege, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der die Einberufungs- und Zurückstellungspraxis des Bundesministeriums der Verteidigung für rechtens erklärt worden ist. Die Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates wird nun innerhalb der Bundesregierung erarbeitet und dem Bundestag zugeleitet werden."

Daraufhin entgegnete Hans-Christian Ströbele:

"Ich danke zwar zunächst für diese Beantwortung. Die Auffassung der Bundesregierung wird aber eigentlich nicht deutlich. Welche Auffassung haben Sie denn jetzt dazu, wie es weitergehen soll? Welchen Tenor wird Ihre Stellungnahme haben, die Sie dazu erarbeiten, oder gibt es noch gar keine Auffassung?"

Christian Schmidt, Parl. Staatssekretärbeim Bundesminister der Verteidigung, antwortete darauf:

"Nachdem ich Ihnen, Herr Kollege, gerade gesagt habe, dass eine Stellungnahme erarbeitet und abgestimmt wird, kann ich keine abschließende Prognose über die genauere Formulierung dieser Stellungnahme abgeben. Ich kann allerdings darauf hinweisen, dass wir seit jeher der Auffassung gewesen sind, dass die Einberufungspraxis in Ordnung ist. Ungeachtet der gesetzlichen Regelungen wollen wir jedoch im Sinne eines pragmatischen Vorgehens darauf Wert legen, dass diejenigen, die sich in einem dualen Ausbildungsgang, also in einem sogenannten Masterstudiengang befinden, der sich sowohl auf eine berufliche Ausbildung als auch auf ein Fachhochschulstudium erstreckt, zeitnah einberufen werden - zeitnah heißt: sobald sie zum Wehrdienst herangezogen werden können -, um im Hinblick auf die relativ lang dauernde Ausbildung und das Studium zu verhindern, dass sie eine Grenze überschreiten und nicht mehr zum Wehrdienst herangezogen werden könnten. Das ist ein pragmatischer Ansatz. Wir werden dann zu sehen haben, inwieweit die Überlegungen, das Studium und die Ausbildung der jungen Männer in einem zeitnahen und kompakten Rahmen stattfinden zu lassen, in der Gesetzgebung berücksichtigt werden können. Wir werden das innerhalb der Bundesregierung und sicherlich auch mit Blick auf die Vorstellungen des einen oder anderen aus dem Bereich des Bundestages zu bewerten haben."

Hans-Christian Ströbele weiter:

"Was begrüßt denn dann eigentlich die Bundesregierung an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn sie sich noch gar keine abschließende Auffassung dazu gebildet hat? Worauf bezog sich Ihre Anfangsbemerkung?"

Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, erwidert dazu:

"Herr Kollege, als Rechtsanwalt wissen Sie ja, dass man sich immer freut, wenn man einen Prozess gewinnt. Diesen Prozess hat die Bundesregierung gewonnen; ihre Rechtsauffassung ist bestätigt worden. Gestatten Sie mir deswegen, dass ich mich für die Bundesregierung freue, dass dies so ist. Welche Konsequenzen sich in der weiteren Verfolgung des Entwurfs eines Wehrrechtsänderungsgesetzes aus diesem für die Bundesregierung und die Wehrverwaltung entstehenden Vorteil ergeben, wird sich zeigen. Wir werden uns nicht allein von der Freude über einen gewonnenen Prozess leiten lassen, sondern von der Überlegung, welche Entscheidungen im Rahmen der weiteren Gesetzgebung und möglicherweise in Bezug auf administrative Maßnahmen im Hinblick auf die Bedürfnisse derjenigen, die zum Wehrdienst anstehen, aber auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer funktionsfähigen Bundeswehr optimiert zu treffen sind. Diese Entscheidungen werden wir dann dem Bundestag vorlegen. Die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates wird sich daran orientieren. Ich gehe davon aus, dass diese dem Bundestag in einem überschaubaren Zeitraum nach Beschlussfassung in der Bundesregierung vorgelegt werden wird."

Das Plenarprotokoll der Bundestagssitzung 16/122, S.12678A: Protokoll der benannten Sitzung

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts: Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts