Wahlkampf 2013

Urteil bestätigt den Korruptionsvorwurf gegen Kohlregierung

12.08.2005: Presseerklärung von hans-Christian Ströbele zum Urteil des Landgerichts Augsburg gegen den ehemaligen Staatsekretär Holger Pfahls

Zum Urteil des Landgerichts Augsburg gegen den ehemaligen Staatsekretär Holger Pfahls erklärt der Abgeordnete und früherer Obmann im CDU-Parteispenden-Untersuchungsausschuss Hans-Christian Ströbele:

Urteil bestätigt den Korruptionsvorwurf gegen Kohlregierung

Das heutige Urteil des Landgerichts Augsburg belegt Korruptionszahlungen in Millionenhöhe an ein Mitglied der Regierung Kohl. Wegen der außerordentlichen Milde hinterlässt das Urteil einen schalen Beigeschmack. Es ist angesichts der hohen Stellung von Herrn Pfahls und der hohen Korruptionssumme im Strafmaß viel zu niedrig ausgefallen. Immerhin war Herr Pfahls als beamteter Staatssekretär im Verteidigungsministerium der Regierung Kohl einer der höchsten Beamten in Deutschland und die Korruptionszahlung betrug mehrere Millionen D-Mark. Die Zahlung von fast 3,8 Millionen D-Mark von dem Waffenlobbyisten Schreiber an Herrn Pfahls stammte nach Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss vorgelegen hatten, aus der Zahlung in Höhe von über 220 Millionen D-Mark, die Saudi-Arabien über den Kaufpreis hinaus für "nützliche Aufwendungen" an die Firma Thyssen gezahlt hatte. Aus dieser Mehrzahlung wurde auch eine Million D-Mark genommen, die dem damaligen Schatzmeister der CDU Leisler-Kiep in einem Koffer vom Waffenlobbyisten Schreiber für die CDU 1991 auf einem Parkplatz in der Schweiz übergegeben wurden.

Das Urteil entspricht vermutlich einer Absprache (deal) von Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Damit honoriert das Gericht das Teilgeständnis von Herrn Pfahls durch eine sehr geringe Haftstrafe. Das Urteil ist auch so niedrig ausgefallen, weil Herr Dr. Kohl und andere Zeugen aus der ehemaligen Bundesregierung Herrn Pfahls hinsichtlich des Vorwurfes der Bestechung vor Gericht entlastet haben. Wie schon mit den Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss sind die Zeugen einer gemeinsamen Verteidigungslinie gefolgt. Sie mussten fürchten, dass Herr Pfahls sonst umfassend auspackt. Auf die Entscheidung für die Lieferung von 36 Fuchspanzern an Saudi-Arabien sollen der damalige Staatssekretär Pfahls und der Waffenlobbyist Schreiber keinen Einfluss gehabt haben. An dieser Version bestanden schon damals Zweifel. Herr Pfahls hatte aber eine wesentliche Rolle bei der Abwicklung dieses Panzergeschäfts. Als Staatsekretär im Verteidigungsministerium hatte er dafür gesorgt, dass die Panzer gegen den erklärten Protest aus der Bundeswehrführung vorab aus Beständen der Bundeswehr an Saudi-Arabien geliefert wurden, weil die Firma Thyssen so schnell wie von Saudi-Arabien gewünscht nicht liefern konnte.

Nach dem Teilgeständnis von Herrn Pfahls und dem Urteil steht fest, dass Korruptionszahlungen in Millionenhöhe nach dem Panzergeschäft vom Waffenlobbyisten Schreiber auch an den Staatssekretär der Regierung Kohl gelangt sind. Aber auch danach bleibt vieles im Dunkel. Weitere Aufklärung ist nötig. Denn unaufgeklärt bleibt, an wen und für welche Dienste die restlichen über 200 Millionen D-Mark, die Saudi-Arabien an Thyssen für "nützliche Aufwendungen" gezahlt hatte, letztlich geflossen sind. Ihre Spur verliert sich im Gewirr von Tarnfirmen des Waffenlobbyisten Schreiber und von Konten dubioser Firmen in der Schweiz. Dem Verdacht der Verstrickung eines weiteren Mitgliedes der damaligen Kohlregierung in das Panzergeschäft und der Annahme von Korruptionszahlungen aus den "nützlichen Aufwendungen" muss nachgegangen werden.