Wahlkampf 2013

Telekommunikationsüberwachung reformieren

12.03.2003: Presseerklärung von Hans-Christian Ströbele zur heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Telefonüberwachung recherchierender Journalisten durch Strafverfolgungsbehörden sei grundsätzlich verfassungsgemäß

Telekommunikationsüberwachung reformieren Schutz von Berufsgeheimnisträgern festigen

Zur heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Telefonüberwachung recherchierender Journalisten durch Strafverfolgungsbehörden sei grundsätzlich verfassungsgemäß, erklärt Hans-Christian Ströbele:

In Respekt vor der Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts ist in der heutigen Entscheidung eine Aufforderung an den Gesetzgeber, die seit langem geforderte Reform der Telekommunikationsüberwachung in Regierungskoalition und Parlament nun zügig anzugehen. Dabei ist zu berücksichtigen:

Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger sollen grundsätzlich weder gezielt noch als bloße Gesprächsteilnehmer abgehört werden.

Der ausufernde Katalog, bei deren Verdacht eine Telefonüberwachung angeordnet werden darf, soll auf schwer wiegende (v.a. Gewalt-)Delikte beschränkt werden.

In der richterlichen Anordnung einer Telefonüberwachung muss die Verdachts- und Beweislage sowie die Abwägung der Belange der Betroffenen mit dem Zweck der Maßnahme nachvollziehbar dargelegt und begründet werden. Nur besonders qualifizierte Richter sollen Telefonüberwachungen anordnen dürfen, denen sodann die Staatsanwaltschaft ebenso wie der vorgesetzten Justizbehörde kontinuierlich über Ergebnis und Verlauf der Telefonüberwachung berichten soll.

Telefonüberwachungen sind auf einen (statt bisher drei) Monate zu befristen; über Verlängerungen über sechs Monate hinaus, sollen - wie bei Untersuchungshaft - die Oberlandesgerichte entscheiden.

Betroffene und mitbetroffene Gesprächsteilnehmer sollen nach Beendigung der Maßnahme von der Telefonüberwachung benachrichtigt werden.

Zufallserkenntnisse bei einer Telefonüberwachung über andere, minder gewichtige Straftaten sollen weder gegen Zielpersonen noch gegen Dritte direkt oder mittelbar verwertet werden dürfen. Bei schwer wiegenden Verstößen gegen die Anordnungsvoraussetzungen sollen Erkenntnisse generell einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Schon gegen die Anordnung einer Telefonüberwachung soll eine wirksame Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet werden, statt Betroffene wie bisher auf bloße Folgenbeseitigung zu verweisen.

Die parlamentarische Kontrolle ist u.a. durch vollständige statistische Erfassung und Auswertung der Telefonüberwachungs- Maßnahmen zu stärken.