Wahlkampf 2013

Hartz-Sanktionen aussetzen! - Überparteiliches Bündnis unterstützen!

19.08.2009: Angesichts der Personalmisere in Jobcentern und hoher Fehlerquoten dortiger Bescheide müssen die verbreiteten Leistungskürzungen gegen ALG II-BezieherInnen gestoppt werden. Vielmehr fordert Christian als Sofortmaßnahme eine Erhöhung des Hartz IV - Regelsatzes auf mindestens 420 Euro. Langfristig muss das Sozialsystem zu einer Grundsicherung/ zu einem bedingungslosen Grundeinkommen umgebaut werden. Als Erstunterzeichner ruft er alle dazu auf das Bündnis zu unterstützen!

   Anti-Hartz-Demo; erstellt von Dustpuppy (flickr)
 

Anti-Hartz-Demo; erstellt von Dustpuppy (flickr)

Bündnis für ein Sanktionsmoratorium - den § 31 SGB II aussetzen!

Hartz-IV-Sanktionen bedeuten die Kürzung des Lebensnotwendigen. Sie sind unangemessen und entsprechen nicht unserer demokratischen Gesellschaftsform.

Der Text des Aufrufs hier in der Kurzfassung:

Jeden Monat wird in diesem Land zigtausenden Erwerbslosen mit Sanktionen das Existenzminimum gekürzt oder sogar gestrichen, weil sie Forderungen der JobCenter nicht erfüllt haben oder weil ihnen dies unterstellt wird. Im Jahr 2008 wurden über 780.000 derartige Sanktionen verhängt. Ist schon der rigide Hartz-IV-Sanktionsparagraf mehr als problematisch, so führt die katastrophale Personalsituation in den JobCentern zu einer Praxis, die für die Betroffenen unzumutbar ist. Von den 2008 eingelegten Widersprüchen gegen Sanktionen waren 41 % ganz oder teilweise erfolgreich, von den eingereichten Klagen 65 %. Die Auswirkungen von Sanktionen werden dadurch verschärft, dass Widersprüche keine aufschiebende Wirkung haben, d.h. die Menschen müssen, auch wenn sie letztlich nach gerichtlicher Kontrolle Recht bekommen, unter den Sanktionen leiden.

Das Existenzminimum darf nicht angetastet werden! Um es klarzustellen: Es geht hier nicht um Leistungsmissbrauch, sondern um Menschen, die auf die niedrigen Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind und denen man irgendein Fehlverhalten vorwirft. In den wenigsten Fällen ist dies die Ablehnung einer als zumutbar geltenden Arbeit. Die meisten Sanktionen werden verhängt wegen Konflikten um Meldetermine, um die Anzahl von Bewerbungen, um Ein-Euro-‚Jobs’ und andere Maßnahmen wie z.B. Bewerbungstrainings und Praktika. Sanktioniert werden auch nachvollziehbare Handlungen, die bei korrekter Rechtsanwendung nicht sanktioniert werden dürften, z.B. der Abbruch einer unsinnigen Maßnahme oder die Ablehnung einer sittenwidrigen Arbeit. Unter 25jährige werden besonders hart und unverhältnismäßig bestraft. Ihnen muss schon beim ersten Pflichtverstoß - von Meldeversäumnissen abgesehen - der gesamte Regelsatz für drei Monate gestrichen werden.

Arbeitslose sind nicht an der Arbeitslosigkeit schuld! Es fehlen Existenz sichernde Arbeitsplätze. Dieses Grundproblem, das durch die Wirtschaftskrise verschärft wird, kann mit Sanktionen nicht gelöst werden. Mit dem Sanktionsregime wird jedoch so getan, als hätten die Erwerbslosen ihre Lage verursacht und müssten zur Arbeit getrieben werden. Dabei zwingt das Sanktionsregime nicht nur Alg-II-Beziehende, Arbeit um jeden Preis und zu jedem Preis anzunehmen, es wirkt auch als Drohkulisse für die Noch-Erwerbstätigen und ihre Interessenvertretungen.

Sanktionen als Mittel, um Sparvorgaben zu erfüllen? Die Sanktionen werden auch vor dem Hintergrund von Sparvorgaben verhängt, welche das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Bundesagentur für Arbeit den JobCentern auferlegt. Für das Abschwungjahr 2009 wurde das "ehrgeizige" Ziel gesetzt, die Existenz sichernden Leistungen um 3 % zu senken und die Vermittlungsquote in den erwartbar enger werdenden Arbeitsmarkt zu erhöhen. Vielfach sehen Mitarbeiter nur durch verstärkte Sanktionen die Möglichkeit, diese Zielvorgaben zu erreichen. Die Vermittlungsquote kann ohnehin nur durch den Zwang, ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse anzunehmen, erreicht werden. Der Druck, bei der Bundestagswahl gute Zahlen zu präsentieren, kann diese Entwicklung kurzfristig noch verschärfen.

Ein Moratorium ist nötig! In der Frage, ob die Hartz-IV-Sanktionen grundsätzlich gegen Grundrechte verstoßen, haben wir, die Erstunterzeichner, unterschiedliche Auffassungen. Wir sind uns aber darin einig, dass angesichts der gegenwärtigen Zustände in den JobCentern der Vollzug von Sanktionen sofort gestoppt werden muss. Es ist dringend notwendig, die Mißstände in den JobCentern, die bislang in ihrem Ausmaß zu wenig bekannt sind, offen zu legen, für deren Beseitigung zu sorgen und den gegenwärtigen Sanktionsparagrafen grundlegend zu überdenken. Während dessen dürfen Erwerbslose nicht den derzeit verbreiteten Sanktionspraktiken ausgesetzt werden. Ein sofortiges Moratorium, ein Aussetzen des Sanktionsparagrafen, ist deshalb notwendig.

Die Langfassung des Aufrufs sowie weitere Informationen: In der etwa vierseitigen Langfassung werden die Gründe für die Forderung nach einem Moratorium ausführlicher dargelegt.

Der §31 des Sozialgesetzbuches II besagt:

§ 31 1) Absenkung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II und des befristeten Zuschlages

(1) 2) Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn

1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16a geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen, oder d) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen,

2. der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben hat. (2) 2) Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. (2) 3) Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihr zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt.

(3) 4) Bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung nach Absatz 1 wird das Arbeitslosengeld II um 60 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert. Bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung nach Absatz 1 wird das Arbeitslosengeld II um 100 vom Hundert gemindert. Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Absatz 2 wird das Arbeitslosengeld II um den Vomhundertsatz gemindert, der sich aus der Summe des in Absatz 2 genannten Vomhundertsatzes und dem der jeweils vorangegangenen Absenkung nach Absatz 2 zugrunde liegenden Vomhundertsatz ergibt. Eine wiederholte Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Sanktionszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Bei Minderung des Arbeitslosengeldes II nach Satz 2 kann der Träger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Minderung auf 60 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung begrenzen, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen. Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung kann der zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen. Der zuständige Träger soll Leistungen nach Satz 6 erbringen, wenn der Hilfebedürftige mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt.

(4) 5) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend 1. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der nach Vollendung des 18. Lebensjahres sein Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen, 2. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen sein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzt, 3. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, a) dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit den Eintritt einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat oder b) der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(5) 6) Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, wird das Arbeitslosengeld II unter den in den Absätzen 1 und 4 genannten Voraussetzungen auf die Leistungen nach § 22 beschränkt; die nach § 22 Abs. 1 angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sollen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden. 2Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Absatz 1 oder 4 wird das Arbeitslosengeld II um 100 vom Hundert gemindert.

Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Absatz 2 wird dasArbeitslosengeld II um den Vomhundertsatz gemindert, der sich aus der Summe des in Absatz 2 genannten Vomhundertsatzes und dem der jeweils vorangegangenen Absenkung nach Absatz 2 zugrunde liegenden Vomhundertsatz ergibt.

Absatz 3 Satz 4 gilt entsprechend. Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II nach Satz 2 kann der Träger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls Leistungen für Unterkunft und Heizung erbringen, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen. Die Agentur für Arbeit kann Leistungen nach Absatz 3 Satz 6 an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erbringen.

(6) 7) Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt; in den Fällen von Absatz 4 Nr. 3 Buchstabe a treten Absenkung und Wegfall mit Beginn der Sperrzeit oder dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Absenkung und Wegfall dauern drei Monate. Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, kann der Träger die Absenkung und den Wegfall der Regelleistung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf sechs Wochen verkürzen. Während der Absenkung oder des Wegfalls der Leistung besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

Zugehörige Dateien:
Das komplette "Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Hilfe für Arbeitsuchende" zum DownloadDownload (229 kb)