Einsatz von US-Drohnen in Mazar-i-Sharif?
15.12.2011: Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage von Hans-Christian Ströbele zum Einsatz von US-Drohnen auf dem von der deutschen Bundeswehr betriebenen Flughafen in Mazar-i-Sharif in Afghanistan.
Schriftlich eingereichte Frage Hans-Christian Ströbeles:
"Inwieweit trifft die Meldung von SPON 2.12.2011 zu, dass ab Ende 2011 auf dem von der Bundeswehr betriebenen afghanischen Flughafen in Mazar-i-Sharif vier moderne Raketen-bestückte US-Drohnen vom Typ Grey Eagle stationiert werden, die auf Befehl der Kabuler NATO-Einsatzzentrale hin rund um die Uhr Zielpersonen im nördlichen Einsatzgebiet der Bundeswehr töten sollen, und teilt die Bundesregierung meine Befürchtung, dass solche Verschärfung der Kriegführung zusätzlichen Hass der Bevölkerung schüren, den Aufständischen weitere Kämpfer zutreiben und Verhandlungsbemühungen zur Beendigung des Krieges erschweren oder unmöglich machen kann?"
Die Beantwortung in der Fragestunde der Plenarsitzung vom 14.12.2011:
US-Drohnen in Mazar-i-Scharif? Frage Hans-Christian Ströbeles im Bundestag
Hans-Christian Ströbele: "Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass es sich bei diesen Drohnen, die in den Verantwortungsbereich der Bundeswehr in Afghanistan verlegt werden, um sogenannte Killerdrohnen handelt, die die Aufgabe haben, extralegal Menschen nach bestimmten Listen nicht gefangen zu nehmen, sondern zu töten, und ist die Bundesregierung bereit, durch die Stationierung in ihrem Verantwortungsbereich die Verantwortung für solche extralegalen Hinrichtungen zu übernehmen? Wie vereinbart die Bundesregierung dies mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 1?"
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: "Herr Kollege, ich glaube, wir tun gut daran, zwischen den technischen Fähigkeiten, den Rules of Engagement und den den Zuständigkeiten entsprechenden Nutzungen zu unterscheiden. Die Luftfahrzeuge haben die Fähigkeit, punktgenau mit dem sogenannten Hellfire-Flugkörper, der auch von Hubschraubern verwendet wird, luftnahe Unterstützung zur Wirkung zu bringen; dadurch wird gerade die Gefährdung unbeteiligter Zivilisten minimiert. Das stellt keine neue Qualität dar. Wir werden, wie bereits geäußert, keine Änderungen der Regeln daraus ableiten können."
Hans-Christian Ströbele: "Herr Staatssekretär, geben Sie mir recht, dass diese sogenannten Killerdrohnen nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Pakistan, und zwar insbesondere im Grenzbereich zu Afghanistan, eingesetzt worden sind, dass beim Einsatz dieser Drohnen gezielt Menschen getötet worden sind und dass bei diesen Tötungsaktionen immer wieder Unschuldige, also Personen, die eigentlich nicht das Ziel waren, getroffen und getötet worden sind? Können Sie bestätigen, dass diese Drohnen seit heute - jedenfalls liest man das derzeit in der Presse - in Pakistan nicht mehr eingesetzt werden dürfen, weil die pakistanische Regierung gegen diese Verletzung ihrer Hoheitsrechte einschreitet? Ist die Verlegung dieser Drohnen in den Verantwortungsbereich der Bundeswehr in Afghanistan praktisch ein Ausweichmanöver, das dazu dient, dass diese Drohnen von nun an von dort aus in ganz Afghanistan eingesetzt werden können?"
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: "Vielen Dank, Herr Kollege. - Vorneweg möchte ich meiner Genugtuung Ausdruck verleihen, dass Sie und ich bei diesem interessanten Teil der Fragestunde, den es nicht zum ersten Mal gibt, so viele Zuhörer unter den Kolleginnen und Kollegen finden. Das mag die große Qualität der Fragen, aber auch die der Antworten unterstreichen. Ich kann die Behauptungen und Informationen, die Sie der Presse entnehmen und die die Bundesregierung nicht betreffen, weder kommentieren noch bestätigen. Die Fragen müssen - in einem Punkt hatten wir eine Antwort zu geben - von Stellen außerhalb dieses Landes, die Auskunft geben können, beantwortet werden. Ich will noch einmal festhalten, dass diese Fluggeräte von der US Army betrieben und als sogenanntes Theatre Asset - also Einsatz einer militärischen Fähigkeit in Gesamtafghanistan - von ISAF eingesetzt werden. Das Nutzen solcher Fähigkeiten wird sich unsererseits strikt an den ISAF-Regeln zu orientieren haben; das wird auch der Fall sein."