Einsatz von deutschen Patriotraketen in der Türkei - Fragestunde der Bundesregierung
08.10.2014: Im Rahmen der IS-Krise in Syrien und im Irak ist die Lage an der türkisch-syrischen angespannt. In der letzten Fragestunde der Bundesregierung erkundigte sich Hans-Christian Ströbele nach dem möglichen Einsatz der in der Türkei stationierten deutschen Patriotraketen und einen NATO-Einsatz in der Region.
Eine Videoaufnahme können Sie hier ab 11:18 einsehen. Nachfolgend die Textversion:
Hans-Christian Ströbele: Herr Staatsminister, ich habe eine Nachfrage: Welche konkreten Planungen oder mindestens Überlegungen hat die Bundesregierung für den ja nicht unwahrscheinlichen Fall, dass die türkische Regierung von dem Mandat, das sie vom Parlament bekommen hat, Gebrauch macht und mit Militär in Syrien einrückt? Könnte das nach Auffassung der Bundesregierung dann der NATO-Verteidigungsfall sein? Wie verhalten sich die Patriot- Einheiten der Bundeswehr in dem Falle - auf dieses Problem ist schon hingewiesen worden -, dass von Syrien aus die Assad-Truppen oder welche Truppen auch immer die Türkei angreifen oder von dort zurückschlagen, je nachdem, wie man das nennen will? Werden dann die deutschen Patriot-Raketen eingesetzt, um beispielsweise Flugzeuge oder Raketen, die von Syrien aus auf die Türkei fliegen, abzuwehren?
Michael Roth, (Staatsminister im Auswärtigen Amt): Herr Ströbele, Sie haben jetzt so viel spekuliert, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Ich glaube auch, dass die Lage viel zu ernst ist, um sich in Spekulationen zu ergehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Ihnen noch einmal die klare Rechtslage erklären soll, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass Sie sie kennen. Sie haben noch einmal die besondere Verantwortung der Türkei als NATO-Mitgliedsland erwähnt. Sollte es zu einem Angriff auf die Türkei kommen, stellt sich die Bündnisfrage. Aber es gibt überhaupt keinen Automatismus, der sich aus Artikel 5 des NATO-Vertrags ergibt. Sie wissen auch, dass der Bündnisfall bislang nur ein einziges Mal eingetreten ist, nämlich im Rahmen von 9/11. Sollte die Türkei einen Antrag auf Bündnissolidarität stellen - das ist die Grundvoraussetzung -, dann muss zwischen den 28 Mitgliedstaaten der NATO ein Konsens erzielt werden. Das ist die rein rechtliche Situation. Wenn wir uns einmal die Wirklichkeit anschauen, stellen wir fest: Dieser Fall ist in der Geschichte der NATO bislang ein einziges Mal eingetreten. Ansonsten können Sie sich darauf verlassen, dass wir viele Gespräche führen. Ich habe Ihnen auch deutlich gemacht, wie das bisherige Mandat für die Operation "Active Fence" aussieht und welchen Beitrag unsere Soldatinnen und Soldaten dazu leisten.