Wahlkampf 2013

Rede zum Umzug des BKA

14.01.2004: Rede von Hans-Christian Ströbele zur Aktuellen Stunde auf Verlangen der CDU/CSU-Fraktion: Haltung der Bundesregierung zu dem von Bundesminister Schily verkündeten Umzug des Budeskriminalamtes (BKA) zur Zentralisierung aller operativen Einheiten des BKA in Berlin

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Christian Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen.

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Altmeister der inneren Sicherheit!)

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Willsch, auch ich gehöre zu denen, die schon immer die Meinung vertreten haben und sich jetzt auch in der Öffentlichkeit dahin gehend geäußert haben, dass ein Komplettumzug des Bundeskriminalamtes nach Berlin eine falsche Entscheidung wäre. Übrigens habe ich mich auch bereits gegen einen Komplettumzug des Bundesnachrichtendienstes nach Berlin gewandt. Das habe ich immer deutlich gesagt. Das sage ich auch hier.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der SPD: Das ist auch nicht geplant!)

Ich halte es nicht für sinnvoll, die zusätzliche Debattenzeit dazu zu nutzen, all das, was in den anderthalb Stunden vorher schon gesagt wurde, zu wiederholen, sondern die zusätzliche Debattenzeit sollte eigentlich dazu dienen, auf das einzugehen und uns damit zu befassen, was der Minister, dem wir die zusätzliche Debattenzeit zu verdanken haben, gesagt hat.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Er hat ja nichts gesagt!)

Das will ich tun. Deshalb wiederhole ich die Argumente, die vorher schon gebracht wurden, nicht noch einmal. Ich sehe nun ein erhebliches Entgegenkommen des Ministers in zweifacher Hinsicht. Das sage ich jetzt nicht nur für mich, sondern auch für diejenigen aus meiner Fraktion, die Sie von der Opposition vorhin so gelobt haben, nämlich für die Kollegin Stokar und den Kollegen Loske, die unsere kritischen Punkte hier vorher in aller Deutlichkeit klar gemacht haben. Wir haben den Minister nämlich so verstanden, dass er sich hier ganz eindeutig dahin gehend festgelegt hat, dass er das weitere Prozedere mit den Vertretern des Personalrats erörtern und in diesem Sinne die Fragen, die offen sind, lösen will. Dafür sind wir ihm dankbar. Diese Anregung bzw. dieses Versprechen nehmen wir gerne auf, weil auch wir uns gegenüber den Leuten des Personalrats verpflichtet fühlen, deren Rechte hier im Deutschen Bundestag zur Geltung zu bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für mich ist es durchaus eine außergewöhnliche Situation,

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das kann man wohl sagen, Herr Ströbele!)

dass sich Vertreter des Personalrats des Bundeskriminalamtes - also nicht irgendeiner Behörde - mit mir in Verbindung setzen, um dieses Problem zu besprechen. Ich habe deren Anliegen nicht nur deshalb von Anfang an ernst genommen, weil auch ich die Bedenken des Personalrats hinsichtlich des Umzugs teile - meine Bedenken gehen noch darüber hinaus -, sondern auch deshalb, weil es ganz wichtig ist, wie der Personalrat diese Frage sieht und wie das Vertrauen der Beschäftigten - der Personalrat ist ja nur die Vertretung der Beschäftigten - in die Amtsleitung sichergestellt werden kann, damit ein solches Amt, das die Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland mit garantieren soll, übrigens auch die Sicherheit der einzelnen Abgeordneten und der Mitglieder der Bundesregierung, wirksam arbeiten kann. Um das zu erreichen, müssen wir mit denen zusammenarbeiten. Weiterhin sind wir froh darüber, dass der Bundesinnenminister gesagt hat, dass die in der Öffentlichkeit genannten Kosten für diesen Umzug nicht die realistischen und richtigen Zahlen sind. Somit muss bei der jetzt anstehenden Entscheidung seine Aussage, dass ein Umzug nicht 500 Millionen Euro bzw., wie es der Kollege Röttgen formuliert hat, eine Milliarde DM kosten wird, beachtet werden und zugleich muss sie dann auch gemeinsam mit dem Personalrat getroffen werden. An Diskussionen auf dieser Grundlage wollen wir uns beteiligen. So wollen wir erreichen, dass maßvoll und allein an der Sache orientiert diskutiert und letztendlich auch entschieden wird. Somit sind Teilumzüge, wie sie bereits geschehen sind, möglich, aber zu einem kompletten Umzug, der hier heute immer wieder als Schreckensbild an die Wand gemalt wurde und heute immer wieder zu Recht kritisiert worden ist, wird es nicht kommen. Deshalb schließe ich meine Ausführungen mit der Aussage, dass wir dem Innenminister dankbar sind,

(Dr.Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sehr dankbar!)

dass er eine sachbezogene Rede gehalten hat und nicht eine Rede, die er aufgrund der vielen Angriffe, denen sein Amt und auch die Leitung des Bundeskriminalamtes ausgesetzt waren, hier hätte halten können. Wir gehen auf dieses Auf-uns-Zugehen ein und wollen die Sache mit ihm gemeinsam zu einer vernünftigen Lösung bringen. Ich bedauere, der Opposition mit dieser meiner Rede nicht mehr gedient haben zu können - vielleicht beim nächsten Mal wieder. Danke sehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)