Mündliche Frage: Aussagen des US-Generals Petraeus über Schlachtfeldhelden des 1./2. Weltkrieges
29.09.2010: Aussagen des US-Generals Petraeus über die Bundeswehr und deren Einsatz in Afghanistan - Vergleich mit "Schlachtfeldhelden" im 1./2. Weltkrieg
Frage:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung des US-Generals David Petraeus, der in der Bild-Zeitung vom 21. September 2010 unter Hinweis auf die US-Bewunderer deutscher Schlachtfeldhelden aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg und deren Tradition betont, dass die guten Teile dieser Tradition bewahrt würden und dass die deutschen Soldaten das Handwerk des Krieges beherrschten sowie dass der deutsche Kommandeur im Feld das Konzept der Aufstandsbekämpfung jetzt verstanden habe, und hält die Bundesregierung - gegebenenfalls mit welcher Begründung - die Auffassung des USGenerals (ZDF-Interview, 29. August 2010) für richtig, dass die Bundeswehr auf Aktionen von zwei Einheiten der Bundeswehr - Task Force Kunduz - stolz sein kann, die gegen die Aufständischen mit beeindruckendem Erfolg in Baghlan und nach und nach auch in Kunduz durchgeführt werden?
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung:
Herr Kollege Ströbele, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung teilt die Auffassung des COMISAF, dass die militärischen Führer und die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ihren Auftrag in Afghanistan unter schwierigen Bedingungen in hervorragender Weise bewältigen und wir daher zu Recht stolz auf sie sein können.
Unsere Soldatinnen und Soldaten erfüllen ihren schwierigen Auftrag mit großer Entschlossenheit und mit persönlicher Tapferkeit. Sie stellen sich dabei mit Nachdruck dem Terror und allen anderen Einschüchterungsversuchen in den Weg, und sie helfen gemeinsam mit den afghanischen Partnern und den internationalen Verbündeten, die afghanische Bevölkerung zu schützen.
Im Hinblick auf einen weiteren Punkt, den Sie angesprochen haben, möchte ich darauf hinweisen, dass die Haltung der Bundesregierung zur Traditionswürdigkeit bzw. - in Bezug auf die Tradition der Bundeswehr - Traditionsunwürdigkeit der Wehrmacht eindeutig ist. Die militärischen Leistungen der Wehrmacht können nicht von der politischen Zielsetzung des Nationalsozialistischen Regimes getrennt werden, auch dann nicht, wenn diese Leistungen von ehemaligen Kriegsgegnern fallbezogen als beispielhaft hervorgehoben werden. Auf solche Leistungen können sich, ungeachtet ihrer militärfachlichen Bewertung, keine Traditionslinien zwischen Wehrmacht und Bundeswehr gründen.
Ströbele:
Danke erst einmal, Herr Staatssekretär. Sie haben allerdings nur den ersten Teil meiner Frage beantwortet. len. Ihre Distanzierung von diesem Teil der Aussage, die General Petraeus in dem Interview getroffen hat, reicht mir nicht ganz. Er sprach von den deutschen Schlachtfeldhelden aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Dann fuhr er fort: Ich glaube, dass die guten Teile dieser Tradition bewahrt werden. - Das sagte er in Bezug auf die Aufstandsbekämpfung der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan. Wäre es nicht angemessen, dass die Bundesregierung nicht nur die Erklärung abgibt, dass sie ihre Auffassung bekräftigt, wie Sie es gerade formuliert haben, sondern sich in diesem Zusammenhang auch vom Lob der deutschen "Helden" im Ersten und Zweiten Weltkrieg und von dieser Tradition klar distanziert und deutlich macht: "Das hat mit dem, was in Afghanistan getan wird, nichts zu tun; jedenfalls sollte es damit nichts zu tun haben"?
Schmidt:
Herr Kollege, ich denke, ich habe dazu das Notwendige gesagt. Die Bundesregierung kommentiert keine Interviews von Angehörigen der Streitkräfte anderer Nationen, auch dann nicht, wenn sie in militärisch wichtigen Funktionen und Positionen sind.
Wenn man das Interview mit General Petraeus liest, stellt man fest, dass er sich im Kern auf die Strategie, die er in Afghanistan implementiert hat und anwendet, bezogen hat. Gegen die Anwendung der COIN-Strategie und die mit Begrifflichkeiten aus der Tierwelt und anderen Bereichen verbundene Sichtbarmachung dieser Strategie bestehen keine Einwände. Wir haben keine Veranlassung, das in irgendeiner Weise infrage zu stellen.
Herr Kollege Ströbele, wollen wir einmal mit Herrn Petraeus nicht gar zu streng schulmeisterlich deutsch sein und nicht im Einzelnen auseinandernehmen, was er wie wo gemeint haben könnte. Er hat von den guten Teilen der Tradition gesprochen. Ich habe Ihnen gesagt, dass das nicht traditionsbegründend sein kann. Das ist aber kein Anlass für eine Regierungskontroverse, sondern unter kulturell gebildeten Menschen allenfalls eine Frage des Verständnisses von "gut".
Ströbele: Jetzt komme ich auf den zweiten Teil meiner Frage, den Sie mir überhaupt nicht beantwortet haben. Dabei geht es darum, dass Herr Petraeus zwei Einheiten der Bundeswehr lobt. Er sagt, wir könnten stolz auf diese zwei Einheiten sein, weil sie Aktionen mit beeindruckendem Erfolg durchgeführt hätten. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie diese Auffassung teilt und, wenn ja, womit sie das Lob begründet, dass wir auf die Einheiten stolz sein können. Erstens. Welche Einheiten sind das? Zweitens. Was war denn dieser außerordentliche Erfolg, auf den wir stolz sein können?
Schmidt: Wenn ich die Aussage oder dieses Zitat aus einem Interview von General Petraeus einordnen soll, dann stelle ich fest, dass er damit ein Lob für die Umsetzung des sogenannten Partnering-Konzepts im Rahmen der Counter Insurgency - entschuldigen Sie den englischen Ausdruck-, also der Aufstandsbekämpfung, und der diesbezüglichen Strategie ausgesprochen hat. So wertet die Bundesregierung das. Das ist ein Lob, über das sie sich freut. Das Partnering wird in dieser Region in diesen Wochen implementiert. Partnering bedeutet aus unserer Sicht das gemeinsame Planen, Vorbereiten, Durchführen und Nachbereiten von Operationen, um die afghanischen Sicherheitskräfte schneller zur eigenständigen Aufgabenwahrnehmung zu befähigen. Das ist ein Lob - das hatte ich eingangs gesagt -, auf das sich der Stolz auf die Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan gründet. Ich habe dem nichts wegzunehmen.