Wahlkampf 2013

Schutz der Pressefreiheit vor Redaktionsdurchsuchungen durch neues Gesetz

12.10.2005: Presseerklärung zur Anhörung von BM Schily im Bundestags-Innenausschuß zu den Durchsuchungen bei Journalisten der Cicero-Redaktion am 12.9. 2005

Schutz der Pressefreiheit vor Redaktionsdurchsuchungen durch neues Gesetz

Vor der morgigen Anhörung von BM Schily im Bundestags-Innenausschuß zu den Durchsuchungen bei Journalisten der Cicero-Redaktion am 12.9. 2005 erklären die Abgeordneten Silke Stokar, Grietje Bettin, Jerzy Montag und Hans-Christian Ströbele:

Um das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und privater Informanten besser zu schützen, schlagen wir Gesetzesänderungen vor. Das Gesetz, das die Beschlagnahme von Schriftstücken im Gewahrsam von Journalisten oder Redaktionen schon heute grundsätzlich für unzulässig erklärt (§ 97 Abs. V StPO), sollte präzisiert werden. Einschränkungen dieses Schutzes vor Beschlagnahmen sollten drastisch reduziert werden.

Durchsuchungen und Beschlagnahmungen wie in den Privaträumen des Journalisten Schirra und in den Redaktionsräumen des Magazins "Cicero" am 12.9. 2005 schränken die Pressefreiheit ein. Bevölkerung und potentielle Informanten können nicht mehr sicher sein, dass die Hingabe von Informationen vertraulich bleibt. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten wird unterlaufen, wenn Strafverfolgungsbehörden sich mittels Durchsuchung und Beschlagnahmen Einblick in die Unterlagen der Journalisten beschaffen können. Die Arbeit der Presse, namentlich investigativer Journalismus, die in der Demokratie unverzichtbar sind, werden schwerwiegend behindert, wenn die Information nicht vertraulich bleibt.

Die Durchsuchungen wurden damit gerechtfertigt, dass die Journalisten der Beihilfe an der Straftat der Verletzung des Dienstgeheimnisses durch Mitarbeiter des BKA verdächtig seien. Wegen des angeblichen Verdachts der Teilnahme an einer Straftat kommen die nach geltendem Recht vorgesehenen Beschränkungen der Beschlagnahme nicht zur Anwendung. Dieser Verdacht wurde allein darauf gestützt, dass der Journalist Schirra in einem Zeitungsartikel aus einem Bericht des BKA zitiert hatte.

Wenn diese Begründung für eine Durchsuchung ausreicht, dann kann eine solche Maßnahme immer durchgeführt werden, wenn ein Journalist über ein ihm mitgeteiltes Geheimnis in den Medien berichtet.

Um solche Durchsuchungen und Beschlagnahmungen zu verhindern, sollte im Gesetz geregelt werden, dass ein dringender Verdacht der Teilnahme an einer Straftat erforderlich ist, also ein einfacher Anfangsverdacht nicht ausreicht.

Außerdem sollten Durchsuchung und Beschlagnahme immer dann unzulässig bleiben, wenn

der Teilnahmeverdacht sich auf eine Straftat richtet, die lediglich in der Weitergabe von Informationen an Journalisten bestehen soll. Die Beschlagnahme und Verwertung von sog. Zufallsfunden soll ausgeschlossen werden.

Zum besseren Schutz der Tätigkeit der Presse hatte Rot-Grün im Sommer 2001 das gesetzliche Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten ausgeweitet.

Eine Ausweitung des Schutzes der Journalisten vor Durchsuchung konnte nicht durchgesetzt werden.

Der Deutsche Journalistenverband dokumentierte zwischen 1987 bis 2000 ca. 150 Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in Redaktionen und Verlagen vielfach nach brisanten Veröffentlichungen wegen angeblich Beihilfe bzw. Anstiftung von Journalisten zu behördlichem Geheimnisverrat; doch nie wurde eine Verurteilung deswegen bekannt. Der angebliche Verdacht der Tatbeteiligung diente der Rechtfertigung der Durchsuchung, war aber unbegründet.

Solches muss künftig ausgeschlossen sein.